Kilian Grabow und Dr.-Ing. Marvin Hecht
Der allgemein anerkannte Fachkräftemangel wirkt sich auch auf den öffentlichen Dienst aus. Dieser führt zu Herausforderungen in der Personalplanung im Bund, in den Ländern und in den Kommunen. Ein Grund dafür ist der schrittweise Wegfall der Babyboomer-Generation. Nach einer Erhebung des dbb besteht im öffentlichen Sektor ein Bedarf von rund 600.000 zusätzlichen Stellen, um die bestehenden Aufgaben verlässlich erfüllen zu können (Vgl. dbb Beamtenbund und Tarifunion 2025).
Zur Verringerung der Anzahl unbesetzter Stellen und zur Ermöglichung eines gelungenen Übergangs zwischen ausscheidenden und neu rekrutierten Fachkräften bedarf es verschiedener Maßnahmen. Ein Bestandteil kann ein bewusster und flexibilisierter Umgang mit dem Renten- bzw. Pensionseintritt von Beschäftigten sein. Dadurch können befristete Vakanzen überbrückt und ein besserer Wissenstransfer bei der Einarbeitung neuer Fachkräfte ermöglicht werden. Sowohl das Arbeits- und Tarifrecht als auch das Beamtenrecht eröffnen in diesem Kontext Handlungsspielräume für die Personalplanung.
Hinausschieben des Renten- bzw. Pensionseintritts oder Beschäftigung während des Ruhestands
Das Beamtenverhältnis endet unter anderem durch Eintritt in den Ruhestand. Der Eintritt in den Ruhestand lässt sich am Beispiel des Landes Niedersachsen gemäß § 36 Abs. 3 des Niedersächsischen Beamtengesetzes um bis zu drei Jahre hinausschieben. Die Rechtsgrundlage ermöglicht auf Antrag — spätestens sechs Monate vor dem regulären Pensionseintritt — das Hinausschieben unter genauer Angabe des Verlängerungszeitraums in Schriftform, sofern keine dienstlichen Gründe entgegenstehen (Vgl. Weichenbrodt 2024).
Für Beamte besteht außerdem die Möglichkeit des Abschlusses eines befristeten Arbeitsvertrags nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst und dem Teilzeit- und Befristungsgesetz während des Ruhestands. Als Praxisbeispiel gilt die Wiedereinstellung ehemaliger Lehrkräfte im Land Niedersachsen (vgl. Hamburg 2024). Zu beachten sind in diesem Zusammenhang die Hinzuverdienstgrenzen für Ruhestandsbeamte. Wird die individuelle Höchstgrenze überschritten, erfolgt ein Abzug der überschüssigen Summe (Vgl. Niedersächsisches Landesamt für Bezüge 2023).
Auch für Tarifbeschäftigte gilt, dass das Beschäftigungsverhältnis mit Erreichen der Regelaltersgrenze endet. Auf Grundlage von § 41 Abs. 1 S. 3 SGB VI kann jedoch unabhängig vom Befristungsrecht der Renteneintritt mehrfach durch eine „Hinausschiebungsvereinbarung“ sachgrundlos hinausgeschoben werden (Vgl. Freudenberg 2025).
Darüber hinaus besteht für Tarifbeschäftigte während des Rentenbezugs die Möglichkeit einer erneuten befristeten Beschäftigung nach TVöD. Für Beschäftigte in Altersrente bestehen keine Hinzuverdienstgrenzen, was diese Option für Arbeitnehmer besonders attraktiv macht (Vgl. Deutsche Rentenversicherung 2025).
Die genannten Instrumente im Beamten-, Sozial- und Tarifrecht geben Arbeitgebern die Möglichkeit, im Einvernehmen mit den Beschäftigten Potenziale im ruhestandsfähigen Alter zu nutzen und somit Vakanzen abzufedern sowie Wissen ohne Zeitdruck an die nächste Generation weiterzugeben. Gleichzeitig bleibt mehr Zeit für die Gewinnung neuer Fachkräfte. Entscheidungsträger im öffentlichen Dienst sollten daher in vertrauensvoller Zusammenarbeit mit ihren Beschäftigten neue Wege gehen, breiter denken und die durch die Gesetzgebung eröffneten Möglichkeiten effektiver nutzen.
Zu den Autoren
Kilian Grabow arbeitet in einem Personalreferat einer wissenschaftlich-technischen Bundesoberbehörde. Er absolvierte ein Studium am Fachbereich Verwaltungswissenschaften der Hochschule Harz.
Dr.-Ing. Marvin Hecht arbeitet als Beamter in einer Bundesbehörde. Er weist eine mehrjährige Erfahrung in der öffentlichen Verwaltung auf, die er u. a. in verschiedenen Bereichen der Hochschule gesammelt hat. Beginnend mit der Tätigkeit als Doktorand durchlief er dabei mehrere Stationen innerhalb der Universität. Zugleich ist Herr Dr. Hecht seit Jahren in die Ausbildung und Lehre eingebunden, wobei die Tätigkeit als Dozent an einer Techniker- und Ingenieurfachschule die umfangreichste Lehrtätigkeit war. Herr Dr. Hecht arbeitet immer wieder an verschiedenen Publikationen und engagiert sich ehrenamtlich sowohl als Mentor für den akademischen Nachwuchs als auch als Gutachter in diversen Auswahlgremien. Er hat Wirtschaftsingenieurwesen in Clausthal studiert und daran anschließend ebenfalls an der Technischen Universität Clausthal in Maschinenbau promoviert. Zudem ist er zertifiziert für Hochschuldidaktik, interkulturelle Kompetenz sowie überfachliche Kernkompetenzen (wissenschaftliches Arbeiten, Persönlichkeits- und Karriereentwicklung, Didaktik). Er war Gründer und langjähriger Inhaber eines erfolgreichen Umzugsunternehmens, welches bis heute in Familienhand weitergeführt wird.
Quellen
Deutsche Rentenversicherung (2025): Rente, Hinzuverdienst und andere Einkommen, Berlin
Dbb Beamtenbund und Tarifunion (2025): Negativrekord: Dem öffentlichen Dienst fehlen 600.000 Beschäftigte, Berlin
Hamburg, Julia Willi (2021): Dank für Ihre bisherige Mitarbeit und Bitte um weitere Unterstützung an unseren Schulen, Hannover
Niedersächsisches Landesamt für Bezüge (2023): Merkblatt zur Ruhestandsberechnung nach § 64 NBeamtVG bei Zusammentreffen von Versorgung mit Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen, Hannover
Freudenberg, Uta (2025): § 41 SGB VI Altersrente und Ende des Arbeitsverhältnisses in: Schengel, Voelzke, (2025): juris PraxisKommentar SGB VI, 4. Auflage, Saarbrücken
Weichenbrodt, Alexander (2024): Ruhestand wegen Erreichen der Altersgrenze in: Brinktrine, Neuhäuser (Hrg.): BeckOK Beamtenrecht Niedersachsen 29. Edition, München





