Vergabe
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Bayerisches Oberstes Landesgericht: Auch das „Wie“ der Angebotspräsentation darf bewertet werden

Gerade bei komplexen oder innovativen Beschaffungsvorhaben kann es vorteilhaft sein, die Bieter zu einer Vorstellung ihrer Angebotsinhalte einzuladen. Während die Gerichte in der Vergangenheit mehrfach urteilten, dass der entsprechende Präsentationstermin ebenfalls in die Wertung des Angebotes eingehen darf, musste das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) darüber entscheiden, ob auch die Darstellungsform – also das „Wie“ – der Präsentation bewertet werden darf (Beschluss vom 11.06.2025, Verg 9/24 e).

Der Sachverhalt

Ein öffentlicher Auftraggeber schrieb einen Wettbewerb zur „Planung und Realisierung von Appartementhäusern an einer Klinik als Architektenleistung, einschl. Freianlagen“ im Rahmen eines Planungswettbewerbes aus.

Im Rahmen der Angebotswertung sollte laut den Vergabeunterlagen ein Präsentations- und Verhandlungstermin durchgeführt werden, der mit 10 % (100 Punkten) gewertet werden sollte. Hierzu sollte eine 20-minütige Präsentation zu den Angebotsbestandteilen „Konzept zum Kosten- & Nachtragsmanagement“, „Konzept zur Terminsicherheit“ sowie „Vorschläge und konkrete Vorgehensweise zur entwurflichen Entwicklung im Planungsprozess“ durchgeführt werden. Bewertungskriterium war, „inwieweit das Auftreten des Teams, die Souveränität im Vortrag und fachliche Kompetenz bei der anschließenden Diskussion und Beantwortung von Fragen folgende Qualität der Leistungserbringung im Hinblick auf die präsentierten Angebotsbestandteile erwarten lässt.“

Der Bieter ging gegen die Wertung mit einem Nachprüfungsantrag vor.

Die Entscheidung der Vergabekammer

Nach Ansicht der zuständigen Vergabekammer ist die Wertung des Präsentationstermins unzulässig. Es würden Aspekte, die mit dem Auftreten der Vortragenden zusammenhingen, bewertet. Dabei gehe es um das „Wie“ des Vortrags, nicht um das „Was“. Dies sei unzulässig, weil die zu erwartende Qualität der Leistungserbringung beurteilt werden soll – also das „Was“.

Gegen diesen Beschluss wendete sich anschließend der Auftraggeber mit einer sofortigen Beschwerde an das BayObLG.

Wie urteilte das BayObLG?

Der Vergabesenat baute seine Begründung auf § 127 Abs. 3 GWB auf. Demnach müssen Zuschlagskriterien mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen. Diese Voraussetzung sei erfüllt, wenn sie sich in irgendeiner Hinsicht und in irgendeinem Lebenszyklus-Stadium auf die gemäß dem Auftrag zu erbringenden Bauleistungen, Lieferleistungen oder Dienstleistungen bezögen.

Bezug zur Leistunserbringung?

Darüber hinaus sei die Bewertung der Qualität des eingesetzten Personals im Rahmen der Zuschlagskriterien zulässig, wenn diese erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben kann (§ 58 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VgV). Die Qualität des Personals könnte anhand der nicht abschließend genannten Aspekte seiner Organisation, Qualifikation und Erfahrung bewertet werden.

Die in der Wertungsmatrix vorgesehene Bewertung (auch) von Aspekten der Qualität des Vortrags im Rahmen der Bieterpräsentation verstößt nach Ansicht des Vergabesenats vorliegend nicht gegen diese Vorgaben. Er begründete dies u.a. damit, dass die im Rahmen der Präsentation vorzustellenden Konzepte insbesondere auch den Austausch mit anderen an der Projektrealisierung beteiligten Akteuren (z. B. Fachplaner und Bauunternehmer) beinhalten. Diese würden von den Architekten angeleitet und angewiesen – auch mit Blick auf kritische oder unvorhergesehene Situationen und Entwicklungen.

Vor diesem Hintergrund stellte der Senat fest, dass die Kriterien zur Qualität der Präsentation sowie die fachliche Kompetenz bei der Diskussion und Beantwortung von Fragen den erforderlichen Bezug zur erwarteten Qualität der Leistungserbringung aufweisen.

Souveränes Auftreten ist der Schlüssel

Es sei ohne Weiteres nachvollziehbar, das das Gelingen der erforderlichen Führungs- und Leitungstätigkeiten des Architekten des Architekten auch davon abhänge, wie souverän und durchsetzungsstark er und sein Projektleiter (gegebenenfalls auch gemeinsam) auftreten könnten. Dass die Präsentation von Konzepten gegenüber einem potenziellen Auftraggeber etwas anderes sei als die Durchsetzung eines solchen Konzepts „auf der Baustelle“, stünde dem nicht entgegen. Denn die Fähigkeit zu souveränem und sicherem Auftreten mit Blick auf die Themen des Konzepts sei in dem einen wie in dem anderen Zusammenhang erforderlich.

Aufgrund dieser konkreten Umstände sei deshalb zu erwarten, dass die bewerteten Kriterien im Sinn des § 58 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VgV einen erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben können. Dabei komme dem Auftraggeber ein von den Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu, für dessen Überschreiten hier nichts ersichtlich sei.

Unterstützung bei der Angebotswertung

Wenn ein Bewertungskriterium sinnvoll ist, steht das Vergaberecht einer entsprehenden Anwendung nicht entgegen. Dies gilt gleiche4rmaßen für Inhalt und Form – etwa einer Präsentation.

Die Entscheidung des Vergabesenats zeigt, wie weit der vergaberechtliche Spielraum und dass ausreichend Platz für Kreativität vorhanden ist.

Aber nichtsdestotrotz sind im Rahmen der Angebotswertung viele Vorschriften und Grundsätze zu beachten. Insbesondere „kleineren“ öffentlichen Auftraggebern fehlt jedoch oftmals Personal und auch Zeit, die im Rahmen eines Vergabeverfahrens eingegangenen Angebote tiefgründig und rechtssicher zu bewerten.

Wir als Vergabestelle unterstützen Sie gerne im gesamten Ablauf ihrer Ausschreibungen. Von der Bekanntmachung, über die Veröffentlichung der Unterlagen, die Durchführung der Submission bis hin zur Vornahme der Angebotsbewertung. Kontaktieren Sie uns gerne per E-Mail an vergabestelle@optiso-consult.de oder telefonisch unter 0176 45921673.