Wann beginnt eigentlich das Vergaberecht? Viele öffentliche Auftraggeber denken dabei an die Veröffentlichung der Ausschreibung – doch tatsächlich greifen die vergaberechtlichen Vorgaben bereits mit der Bedarfserkennung. Ab diesem Zeitpunkt gelten Grundsätze wie Transparenz, Gleichbehandlung und Wettbewerb – ebenso wie die Pflicht zur systematischen Dokumentation. Ein zentrales Element in der frühen Phase: die Markterkundung.
Markterkundung als Schlüssel zur erfolgreichen Ausschreibung
Obwohl gesetzlich nicht zwingend vorgeschrieben, sind die Vorteile einer fundierten Markterkundung bei vielen Beschaffungen nicht von der Hand zu weisen. Sie hilft, den Markt zu verstehen, aktuelle Entwicklungen zu erkennen und den Bedarf präzise zu definieren – damit Ausschreibungen realistisch kalkuliert, marktkonform und zielgenau gestaltet werden können.
Die gesetzlichen Grundlagen dafür finden sich im Oberschwellenbereich in § 28 VgV, im Unterschwellenbereich in § 20 UVgO. Wichtig: Die Markterkundung darf nicht mit einem „Mini-Vergabeverfahren“ verwechselt werden. Es geht nicht um Angebote, sondern um Informationen.
Drei zentrale Prinzipien: Transparenz, Gleichbehandlung, Wettbewerb
- Transparenz: Wer wurde angesprochen, welche Informationen wurden eingeholt, wie wurde dokumentiert? Eine lückenlose Dokumentation ist essenziell – von internen Protokollen über Gespräche bis hin zu Produktdatenblättern.
- Gleichbehandlung: Allen potenziellen Marktteilnehmern sind einheitliche Fragen zu stellen und vergleichbare Kommunikationswege zu wählen. Eine Ungleichbehandlung kann bereits durch eine nicht nachvollziehbare Einladungspraxis entstehen – etwa, wenn Unternehmen A zu einem persönlichen Gespräch eingeladen wird, während Informationen von Unternehmen B lediglich telefonisch eingeholt werden.
- Wettbewerb: Der Marktüberblick sollte breit angelegt sein – national oder EU-weit, je nach Volumen. Nur so lassen sich echte Alternativen erkennen und der Grundstein für faire Ausschreibungen legen.
Fachabteilung und Vergabestelle: Zusammenarbeit auf Augenhöhe
Eine enge Abstimmung zwischen Fachabteilung und Vergabestelle ist erfolgskritisch. Beide Seiten bringen spezifisches Wissen ein – technisches Know-how auf der einen, rechtliche Expertise auf der anderen Seite. Gemeinsam sollten sie:
- klare Ziele und Informationsbedarfe definieren
- Aufgaben und Recherchewege aufteilen
- eine einheitliche Vorgehensweise vereinbaren
- die Ergebnisse strukturiert dokumentieren und auswerten
Standardisierte Abläufe können helfen, auch unter Zeitdruck effizient und regelkonform zu agieren.
Typische Stolperfallen – und wie man sie vermeidet
- Unklare Haushaltslage: Vor jeder Marktanalyse sollte geklärt sein, ob und wann Mittel zur Verfügung stehen.
- Fehlender Informationsabgleich: Frühere Kontakte der Fachabteilung müssen transparent gemacht werden – auch im Hinblick auf die „Projektantenproblematik“ (§ 7 VgV).
- Wunschkandidat im Kopf: Eine einseitige Ausrichtung auf ein bestimmtes Unternehmen gefährdet Neutralität, Wettbewerbsbreite und Rechtskonformität.
- Fehlende Abgrenzung zum Vergabeverfahren: Bereits eingeholte verbindliche Angebote oder Scheinwettbewerbe sind unzulässig.
- Lückenhafte Dokumentation: Ohne nachvollziehbare Protokolle und Informationen drohen Verfahrensfehler und Anfechtungen.
Fazit: Gründliche Markterkundung lohnt sich
Eine frühzeitige, gut geplante und dokumentierte Markterkundung ist kein bürokratischer Zusatz, sondern ein strategisches Instrument. Sie sichert die Qualität der Vergabeunterlagen, reduziert spätere Anpassungen und minimiert das Risiko rechtlicher Beanstandungen.
Vor allem aber: Sie erhöht die Chance, genau das zu beschaffen, was tatsächlich benötigt wird.
Die Firma OptiSo unterstützt öffentliche Auftraggeber umfassend – sowohl bei der systematischen Durchführung von Markterkundungen als auch bei der Begleitung von Ausschreibungsverfahren. Von der Bedarfsermittlung über die Marktanalyse bis hin zur rechtssicheren Umsetzung stehen wir Ihnen mit Fachwissen zur Seite.
Kontaktieren Sie uns gerne via E-Mail (vergabestelle@optiso-consult.de) oder per Telefon (0176 4592 1673).