Organisation und Personal
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Bewertung und Eingruppierung von Kassenverwalterinnen und Kassenverwaltern – neuere Rechtsprechung am Beispiel Sachsens

Bewertung Kassenverwalter

Die Bewertung und Eingruppierung von Kassenverwalter-Stellen ist in der Praxis nach wie vor ein länderübergreifend aktuelles Thema. Es geht hierbei um die Anwendung der „richtigen“ Tätigkeitsmerkmale. Hierzu haben wir 2020 am Beispiel Niedersachsen bereits einen Blogbeitrag verfasst (Hier der Link zum Beitrag: https://www.optiso-consult.de/bewertung-und-eingruppierung-von-kassenverwalterinnen-und-kassenverwaltern-in-niedersachsen/)

Was das neuere Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 24.06.2021 für Stellenbeschreibungen und Bewertungen im Bereich Vollstreckung und Kasse bedeutet

In der jüngeren Vergangenheit hat das Arbeitsgericht Dresden (Az. 7 Ca 180/21) in einem vielbeachteten Urteil zentrale Fragen zur tariflichen Eingruppierung von Beschäftigten im Bereich der kommunalen Vollstreckung entschieden. Das Verfahren betraf einen Mitarbeiter im Innendienst der Stadtkasse Dresden, der für die Zwangsvollstreckung kommunaler Forderungen zuständig war und eine Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 9a des TVöD-VKA beanspruchte.

1. Kernaussagen des Urteils

Das Gericht wies die Klage ab und traf inhaltlich weitreichende Aussagen zu folgenden Punkten:

  • Kein Anwendungsbereich des Besonderen Teils der Entgeltordnung (Abschnitt XIII Kassenwesen) bei doppischer Buchführung (Doppik):
    Das Gericht schloss sich der Auslegung an, dass die Eingruppierungsmerkmale für Beschäftigte im Kassenwesen (Teil B, Abschnitt XIII der Entgeltordnung) nur dann Anwendung finden, wenn eine kameralistische Buchführung erfolgt. Bei Doppik sei stattdessen der Allgemeine Teil der Entgeltordnung (Teil A) anzuwenden.
  • Kein Anspruch auf EG 9a mangels „selbstständiger Leistungen“ im Tarifsinne:
    Zwar wurde dem Kläger bescheinigt, dass er gründliche und vielseitige Fachkenntnisse benötige, jedoch verneinte das Gericht das Vorliegen selbstständiger Leistungen gemäß der Definition der Entgeltgruppe 9a. Die Entscheidungen des Mitarbeiters seien vielmehr zweckmäßige Reaktionen auf vorliegende Sachverhalte und würden keine eigenständige geistige Strategie- und Ergebnisentwicklung im tarifrechtlichen Sinne darstellen.
  • Keine Eingruppierung über den Gleichbehandlungsgrundsatz:
    Die Tatsache, dass andere Kommunen vergleichbare Tätigkeiten höher bewerten, begründet laut Gericht keinen Anspruch auf Gleichbehandlung, sofern keine betriebsinterne Ungleichbehandlung ohne sachlichen Grund vorliegt.

2. Auswirkungen auf Stellenbewertungen und -beschreibungen

Die Entscheidung hat unmittelbare Konsequenzen für die Personalpraxis in kommunalen Kassen- und Vollstreckungsabteilungen:

a) Klarer Bezug zur Doppik notwendig

Stellenbeschreibungen in Einrichtungen mit doppischer Buchführung sollten nicht automatisch auf Tätigkeitsmerkmale des besonderen Teils der Entgeltordnung (z. B. „Verwalten von Personenkonten“) Bezug nehmen, da diese explizit auf kameralistische Kassen zugeschnitten sind.

b) Tariflich relevante Merkmale explizit darstellen

Für eine Bewertung nach EG 9a müssen selbstständige Leistungen klar dokumentiert sein. Diese Dokumentation meint nicht, dass die Eigenschaften „selbstständig“ oder vergleichbare Eigenschaften in einer Stellenbeschreibung erwähnt werden, sondern, dass diese explizit im Spektrum der Tätigkeiten vorhanden sind. Zu den relevanten Tätigkeiten gehören:

  • Eigene Beurteilungen und Entschlüsse mit strategischem Spielraum
  • Verantwortung für das Ob und Wie der Vorgehensweise
  • Entwicklung individueller Vollstreckungspläne, nicht bloße Anwendung bestehender Vorgaben

Wenn diese Merkmale nicht vorliegen oder nicht hinreichend beschrieben sind, ist eine Bewertung nach EG 9a nicht haltbar – trotz der hohen Komplexität und Verantwortung in der Aufgabenausübung.

c) Differenzierung innerhalb der Kassenstruktur

Es sollte geprüft werden, ob Tätigkeiten wie Außendienst, Insolvenzabwicklung oder Vollstreckungshilfe andere Eingruppierungsvoraussetzungen erfüllen. Für den reinen Innendienst im Bereich Zwangsvollstreckung bleibt der Bewertungsmaßstab nach dieser Rechtsprechung strenger und enger gefasst.

3. Fazit und Schranken

Das Urteil bestätigt die seitens vieler Kommunen praktizierte, aber bislang rechtlich unsichere Trennung zwischen Doppik-Kassen und klassischem Kassenwesen im Tarifsinne. Führungskräfte sollten daher:

  • Stellenbeschreibungen regelmäßig aktualisieren
  • Tätigkeitsmerkmale systematisch abgleichen
  • Bewertungsentscheidungen dokumentieren und auf ihre rechtliche Tragfähigkeit hin überprüfen

Für die tarifliche Bewertung zählt nicht allein das Verantwortungsniveau oder die psychische Belastung – sondern der nachvollziehbare tarifrechtliche Nachweis der Anforderungen und Entscheidungsspielräume im jeweiligen Arbeitsvorgang.

Wichtig ist, dass Sie in Ihrem Bundesland genau prüfen, ob die Systematik wie hier beschrieben gilt, oder ob es Regelungen oder Rechtsprechung gibt, nach denen die „Kassenmerkmale“ fortwährenden Bestand haben.

Wenn Sie hierbei Beratung und Unterstützung benötigen, sind Sie bei uns richtig. Wir sind auf die öffentliche Personalwirtschaft spezialisiert und führen jährlich einige tausend Stellenbeschreibungen in den unterschiedlichsten Verwaltungsebenen und Tarifmerkmalen durch.

Hier ein Überblick zu unseren Leistungen in diesem Bereich: https://www.optiso-consult.de/unsere-leistungen/beratung-fuer-den-oeffentlichen-sektor/strategie-organisations-personalberatung/stellenbewertungen/

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