Organisation und Personal
Voraussichtliche Lesezeit: 4 Minuten

Haben Beschäftigte ein Recht auf Hitzefrei?

Im Sommer besteht immer eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für Hitzewellen. Eine solche gab es bereits Anfang Juli – und auch derzeit ist es vielerorts außerordentlich warm. Für Beschäftigte kann die Arbeit bei den extrem hohen Temperaturen im Sommer zur Qual werden. Aber gibt es überhaupt „Hitzefrei“ für Arbeitnehmer? Und welche Bedingungen müssen am Arbeitsplatz eingehalten werden? Dieser Beitrag gibt einen Überblick zu Pflichten und Rechten.

Arbeitgeber müssen reagieren

Wenn die Temperaturen in die Höhe steigen, gibt es eindeutige rechtliche Pflichten für Arbeitgeber. Diese müssen nämlich auf die belastende Hitze reagieren. Das Institut für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa) rät zum Einsatz von Ventilatoren, Klimageräten oder Luftaustauschsystemen. Auch flexible Arbeitszeitmodelle wie Gleitzeit sind sinnvoll. Die Raumtemperaturen sollten regelmäßig gemessen und kontrolliert werden.

Dennoch: Auf ein arbeitsrechtlich verbrieftes Recht auf Hitzefrei können sich Beschäftigte nicht berufen.

Gesetzlicher Arbeitsschutz bei hohen Temperaturen am Arbeitsplatz

Bei steigenden Temperaturen nehmen die gesundheitlichen Belastungen für Arbeitnehmer zwangsläufig zu. Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) enthält daher einige Vorgaben – nicht nur für Beschäftigte, die durch ihre Arbeit besonderen Belastungen ausgesetzt sind wie beispielsweise im Freien arbeitende Bauhofmitarbeiterinnen und -mitarbeiter.

Nimmt man den klassischen Büroarbeitsplatz als Maßstab, so hat der Arbeitgeber nach Anhang 3.5 Abs. 1 zu § 3 ArbStättV auch dort für eine „gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur“ zu sorgen: Belastungen durch Hitze – aber auch Kälte – sind zu vermeiden. Eine Einschätzung, die einzelfallabhängig sein kann und vor allem von der konkreten (körperlichen) Arbeitsbelastung abhängt.

Hitzeschutz: Welche Grenzwerte gelten?

Nach der Technischen Regel für Arbeitsstätten (ASR) A3.5 (Raumtemperatur) hat der Arbeitgeber bei Überschreitung einer Lufttemperatur im Raum von 26 Grad für Sonnenschutz zu sorgen. Bei über 30 Grad Hitze im Büro sind zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, beispielsweise angepasste Arbeitszeiten oder vom Arbeitgeber bereitgestellte Getränke. Überschreitet die Temperaturanzeige die 35-Grad-Marke, ist der Raum ohne spezielle Maßnahmen für Hitzearbeit, wie zum Beispiel Luftduschen oder Hitzeschutzkleidung, nicht als Arbeitsraum geeignet.

Arbeitspflicht: Kein Hitzefrei für Mitarbeitende

Dies bedeutet jedoch nicht, dass Beschäftigte bei über 26 Grad im Büro einfach nach Hause gehen können. Bei darüber liegender Außentemperatur darf in Ausnahmefällen die Lufttemperatur sogar höher sein. Die Sollvorschrift („soll 26 Grad nicht überschreiten“) ist nicht zwingend, sondern lediglich eine arbeitswissenschaftliche Empfehlung.

Dennoch: Der Arbeitgeber ist gesetzlich verpflichtet, Schutzmaßnahmen gegen die Überhitzung am Arbeitsplatz zu ergreifen. Hierzu müssen die Arbeitnehmer ihm Gelegenheit geben. Anhang 3.5 Abs. 2 zu § 3 ArbStättV verlangt zum Beispiel: Fenster und Oberlichter müssen so beschaffen oder durch Jalousien abgedeckt sein, dass die Arbeitsräume gegen übermäßige unmittelbare Sonneneinstrahlung geschützt sind.

Gemäß Abschnitt 4.3 der ASR A3.5 muss dies derart gestaltet sein, dass der Arbeitsraum mit ausreichend Tageslicht versorgt, gleichzeitig jedoch eine übermäßige Erwärmung vermieden wird. Die Abschnitte 4.3 und 4.4 der ASR 3.5 enthalten einen abgestuften Pflichtenkatalog für den Fall, dass die Sonneneinstrahlung oder hohe Außentemperaturen für eine Raumtemperatur von über 26 Grad sorgen.

Wie lassen sich Bekleidungsvorschriften lockern?

Müssen sich Beschäftigte auch bei kühleren Temperaturen an Bekleidungsvorschriften halten, so gelten diese grundsätzlich auch im Hochsommer. Insbesondere die Vorgaben hinsichtlich der erforderlichen Schutzkleidung (Stichwort „Bauhof“) sind einzuhalten. Eine Kleiderordnung, die bei Hitze Ausnahmen zulässt (Beispiel: „kein Krawattenzwang bei einer Innentemperatur ab 25 Grad“), sollte klar geregelt sein. Auch ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist zu berücksichtigen.

Hitzefrei im Homeoffice

Wie stellt sich die Situation für Arbeitnehmer dar, die im Homeoffice arbeiten und über Hitze klagen? Muss der Dienstherr hier Abhilfe schaffen? Hier kommt es darauf an, ob es sich wirklich um einen eingerichteten Homeoffice-Arbeitsplatz handelt. Solche Telearbeitsplätze im Zuhause der Beschäftigten unterliegen zumindest teilweise arbeitsstättenrechtlichen Regelungen. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber den Arbeitsplatz eingerichtet hat.

„Mobile Arbeit“ in der Praxis unterliegt jedoch meist nicht den für Telearbeitsplätze geltenden arbeitsstättenrechtlichen Bestimmungen. Wenn der Mitarbeitende nur gelegentlich mit einem vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Notebook im Homeoffice arbeitet, stellt dies noch keine „Einrichtung“ eines häuslichen Arbeitsplatzes dar. Meist besteht dann auch die Möglichkeit, den möglicherweise kühleren Arbeitsplatz im Büro aufzusuchen.