Organisation und Personal Querschnittsthemen
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Was bringt professionelles Projektmanagement (PM) wirklich? – Empirie aus öffentlichem und privatem Sektor

Bisher haben wir an verschiedenen Stellen über Projektmanagement in der öffentlichen Verwaltung berichtet. Die Berichterstattung erfolgte stets auf der praktischen Basis des Einsatzes und der Möglichkeiten des Einsatzes in einer öffentlichen Verwaltung. Aber auch Projektmanagement folgt keinem Selbstzweck, nur weil es „hip“ klingt, sich gut anfühlt und möglicherweise auf der „Schauseite“ zur Attraktivität beiträgt. .

Nachfolgend soll die Betrachtung folglich einmal aus der wissenschaftlichen Perspektive erfolgen.

Was bringt Projektmanagement tatsächlich – ist das wissenschaftlich messbar?
Im Folgenden werfen wir einen Blick auf empirische Studien aus Deutschland, Europa und dem internationalen Raum, die den Zusammenhang zwischen Projektmanagement und organisationaler Leistungsfähigkeit untersucht haben.

1. Reife und Wahrnehmung von Leistungsfähigkeit – deutsche Evidenz

Projektmanagement wirkt nicht automatisch, sondern dort, wo Organisationen es strukturiert und reif einsetzen.
Eine deutsche empirische Studie von Busse, Zafer und Warner (2020) untersuchte 66 Projektmanager:innen verschiedener Branchen und Organisationen. Das Ergebnis:

„We found a significant effect of perceptions of PMM on those of project and firm performance“ (Busse et al., 2020, S. 740).

Mit anderen Worten: Je reifer das Projektmanagement, desto besser wird die eigene Leistungsfähigkeit eingeschätzt.
Zudem fanden die Autoren, dass eine kooperative Organisationskultur („clan culture“) diesen Effekt verstärkt – also Werte wie Teamarbeit und Vertrauen den Projekterfolg begünstigen.

Diese Studie zeigt: Auch in Deutschland lässt sich der Mehrwert von Projektmanagement empirisch nachweisen – besonders dann, wenn Prozesse und Kultur zusammenspielen.

2. Projektmanagement in der öffentlichen Verwaltung: Reife, Steuerung und Benchmarking

In der Multiprojektmanagement-Studie 2022 der Technischen Universität Darmstadt und des Bundesverwaltungsamts (BVA) wurden rund 90 Projektportfolios aus Bund, Ländern und Kommunen untersucht (BVA & TU Darmstadt, 2024).
Das Ziel: den Reifegrad, typische Herausforderungen und Erfolgsfaktoren öffentlicher Projektarbeit zu messen.

Die Ergebnisse zeigen, dass Verwaltungen zwar zunehmend standardisierte PM-Strukturen nutzen, jedoch Schwächen in Governance, Ressourcenmanagement und Nutzenrealisierung bestehen.
Zugleich weisen die Datensätze darauf hin, dass reifere Verwaltungen ihre Projektziele signifikant häufiger erreichen – ein empirischer Hinweis auf die Wirksamkeit von professionellem PM auch im öffentlichen Kontext.

3. Europäische Perspektive: Kosten, Nutzen und Komplexität

Eine großangelegte Studie von Odeck, Welde und Volden (2017) untersuchte 30 europäische Infrastrukturprojekte und fand:

„Projects with higher technical complexity and more contractual interfaces tend to experience larger cost and schedule overruns“ (Odeck et al., 2017, S. 320).

Die Autoren zeigen zugleich, dass Projekte mit strukturierter Planung, klarer Governance und Stakeholder-Management signifikant geringere Kosten- und Terminabweichungen aufwiesen.
Das belegt empirisch, dass gutes Projektmanagement die negativen Effekte von Komplexität abfedert – eine Erkenntnis, die auch für Großvorhaben der öffentlichen Hand gilt. Wirkung zeigen dürfte und die Evidenzen übertragbar erscheinen.

4. EU-geförderte Projekte: Reife, Standards und Erfolgsraten

In EU-geförderten Forschungsprojekten herrscht hoher Druck: komplexe Konsortien, strikte Berichtspflichten, wechselnde Partner.
De Marco und Mangano (2023) analysierten über 300 Horizon-2020-Projekte und fanden:

„Project managers involved in Horizon 2020 projects hold a high level of PM maturity, especially in cost management, communication and stakeholder management, confirming that PM standards are effectively enforced“ (S. 2075).

Die Studie zeigt, dass standardisierte Projektmanagementpraktiken – insbesondere in Kommunikation, Kosten- und Stakeholdermanagement – signifikant mit höheren Erfolgsquoten (Zielerreichung, Budgettreue) verbunden sind.
Für öffentliche Verwaltungen, die EU-Projekte leiten oder mitfinanzieren, bedeutet das: Projektmanagementkompetenz ist kein „nice to have“, sondern ein Erfolgsfaktor.

Dazu sei an dieser Stelle auch auf einen Fachaufsatz aus einem unserer Praxisprojekte für ein integriertes Fördermittelmanagement mit Projekt-Management-Aufgaben von Schubert, 2025 verwiesen: https://www.researchgate.net/publication/395296025_Schubert_D_A_2025_Integriertes_Fordermittelmanagement_in_der_Kommunalverwaltung_Eine_Fallstudie_einer_Gemeinde_der_Grossenklasse_6_Der_Gemeindehaushalt_1265_108-110

5. Führung und Unterstützung als Leistungshebel

Eine quantitative Studie im öffentlichen Sektor von Ahmed, Mohamad und Johar (2022) untersucht den Zusammenhang zwischen Top-Management-Unterstützung (TMS), Governance und Projekterfolg.
Die Autor:innen berichten:

„Top management support is one of the critical success factors that significantly affect project performance in the public sector“ (S. 3).

TMS – also sichtbare Rückendeckung, Ressourcenbereitstellung und Kommunikation durch die Führung – wirkt als Multiplikator.
Ebenso positiv wirken laut der Studie Projektmanager-Kompetenzen wie Führung, Kommunikation und Konfliktlösung.

Für Verwaltungen heißt das: Es reicht nicht, nur Prozesse einzuführen – entscheidend ist, dass Führung und Kultur diese Prozesse tragen.

6. Großprojekte und Risiken – Lehren aus der empirischen Forschung

Die wohl umfassendste Untersuchung zu öffentlichen Projekten stammt von Budzier und Flyvbjerg (2013).
Sie analysierten 1.355 IT-Projekte aus dem öffentlichen Sektor weltweit.
Im Durchschnitt dauerten diese 24 % länger als geplant, und 18 % überschritten das Budget um mehr als 25 %.

„Every additional year of project duration increases the average cost risk by 4.2 percentage points“ (Budzier & Flyvbjerg, 2013, S. 9).

Die Autoren empfehlen, Methoden wie „Reference Class Forecasting“ (Referenzklassenprognosen) zu nutzen, um Planungsfehler systematisch zu vermeiden – eine Praxis, die mittlerweile auch in britischen Ministerien Standard ist.rker institutionalisierte Projektsteuerung, realistischere Planung und „reference class forecasting“ können diese systematischen Verzerrungen reduzieren.

Fazit: Projektmanagement wirkt – wenn es ernst genommen wird

Die empirische Forschung zeigt über Ländergrenzen hinweg ein konsistentes Bild:

  • Reife im Projektmanagement steigert die wahrgenommene und tatsächliche Leistungsfähigkeit.
  • Führung und Governance sind entscheidende Hebel.
  • Komplexität erfordert Professionalität – gerade in öffentlichen Projekten.
  • Und: Strukturierte, standardisierte PM-Praktiken zahlen sich nachweislich aus, auch in EU-Programmen.

Projektmanagement ist damit kein Selbstzweck, sondern eine wissenschaftlich belegte Voraussetzung für bessere Leistung, Steuerbarkeit und Motivation in öffentlichen Organisationen.eführt und kultiviert wird.

Die Evidenzen sind also ein klares Signal dafür, dass Verwaltungen gut damit beraten sind, ein Konzept für ein PM zu entwickeln und vorzugeben, anstatt die Praktiken in den Organisationseinheiten individuell „gedeihen“ zu lassen (Stichworte „Erhöhung Reifegrad“ und „Führungsunterstützungsmöglichkeit“)

Literaturverzeichnis

Ahmed, F., Mohamad, S., & Johar, M. G. M. (2022). Project governance and top management support in public sector projects: Empirical evidence from Asia. Sustainability, 14(5), 2516. https://doi.org/10.3390/su14052516

Budzier, A., & Flyvbjerg, B. (2013). Making sense of the impact and importance of outliers in public sector IT projects. Proceedings of the International Conference on Information Systems (ICIS 2013), Milan, Italy.

Bundesverwaltungsamt & Technische Universität Darmstadt. (2024). Multiprojektmanagement-Studie 2022: Benchmarking öffentlicher Verwaltungen. Bonn: BVA. https://www.bva.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Behoerden/Beratung/GrossPM/MPM_Sudie24/241112_Ergebnisse_MPM_Studie22.pdf

Busse, R., Zafer, H., & Warner, M. (2020). Rethinking the roles of project management maturity and organisational culture for perceived performance: An empirical study based on German evidence. European Journal of International Management, 14(4), 730–752. https://doi.org/10.1504/EJIM.2020.107605

De Marco, A., & Mangano, G. (2023). A review of project management practices in EU-funded Horizon 2020 projects. Procedia Computer Science, 219, 2075–2083. https://doi.org/10.1016/j.procs.2023.01.510

Odeck, J., Welde, M., & Volden, G. H. (2017). Evaluating transport infrastructure projects in Europe: Cost overruns and benefit shortfalls. Transportation Research Part A: Policy and Practice, 101, 318–332. https://doi.org/10.1016/j.tra.2017.05.004

Schubert, D. A. (2025). Integriertes Fördermittelmanagement in der Kommunalverwaltung: Eine Fallstudie einer Gemeinde der Größenklasse 6. Der Gemeindehaushalt, 126 (5), 108-110.