Organisation und Personal
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Keine Entschädigung für männlichen Bewerber auf Stelle einer Sekretärin

Wenn sich ein Bewerber nur deshalb auf eine Stelle bewirbt, um eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geltend machen zu können, liegt eine unzulässige Rechtsausübung vor. In einem Fall vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte sich ein Wirtschaftsjurist auf die Stelle einer „Sekretärin“ beworben und nach einer Absage auf Entschädigung geklagt.

Der Hintergrund des Falles

Der Kläger hat Abitur und ist ausgebildeter Industriekaufmann. Zuletzt war er arbeitslos. Zum Zeitpunkt der Einleitung des vorliegenden Klageverfahrens absolvierte er nach eigenen Angaben ein Fernstudium zum Wirtschaftsjuristen (LL.M.). Der Kläger hatte sich in der Vergangenheit bei verschiedenen Arbeitgebern auf Stellenausschreibungen für die Stelle einer „Sekretärin“ beworben und im Nachgang Entschädigungsprozesse aufgrund einer behaupteten Benachteiligung wegen des Geschlechts. Unter anderem hatte er sich 2021 erstmals auf dem Internet-Portal „eBay Kleinanzeigen“ auf eine Stellenausschreibung für eine „Sekretärin“ von einer Kfz-Werkstatt beworben. Da seine Bewerbung keinen Erfolg hatte, klagte er erfolgreich auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Danach bewarb er sich auf weitere Sekretärinnen-Stellen in ganz Deutschland. Auch hier klagte der Kläger nach erfolgten Absagen auf eine Entschädigung.

Die aktuelle Fallkonstellation

Am 03.01.2023 bewarb er sich dann bei der Beklagten, die in Dortmund eine Ingenieurgesellschaft betreibt, auf eine auf dem Portal „Indeed“ veröffentlichte Stellenanzeige für eine „Bürokauffrau/Sekretärin“. Dabei gab er in einem auf der Plattform hochgeladenen Lebenslauf unter anderem an, sieben Jahre Erfahrung als Sekretär und in Microsoft Office zu besitzen. Konkretere zeitliche Angaben, Nachweise zur Ausbildung/Lehre sowie zu etwaigen Vorbeschäftigungen enthielt das Dokument nicht. Nachdem der Kläger auf seine Bewerbung von der Klägerin keine Rückmeldung erhielt und die Anzeige wieder gelöscht wurde, da die Stelle von der Beklagten mit einer Frau besetzt worden war, klagte er auf Entschädigung von mindestens 6.000 Euro nach § 15 Abs. 2 AGG.

Kein Anspruch auf Entschädigung wegen Diskriminierung nach dem AGG

Die Klage hatte vor dem BAG keinen Erfolg. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG.

In der Begründung führte das Gericht aus, dass dem Entschädigungsverlagen des erfolglosen Bewerbers der Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) entgegenstehe.

Dies sei dann anzunehmen, wenn diese Person sich nicht beworben hat, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern es dem Bewerber nur darum ging, den formalen Status als Bewerber i. S. d. § 6 Abs. 1 S. 2 AGG zu erlangen und er ausschließlich das Ziel verfolgt, Ansprüche auf Entschädigung und Schadensersatz geltend zu machen. Auch wenn nicht jedes rechts- oder pflichtwidrige Verhalten zur Unzulässigkeit der Ausübung der hierdurch erlangten Rechtsstellung führt, läge eine unzulässige Rechtsausübung nach § 242 BGB vor, wenn der Anspruchssteller sich die günstigste Rechtsposition gerade durch ein treuwidriges Verhalten verschafft habe.

Im vorliegenden Fall hatte der Kläger im Rahmen seines bei „Indeed“ eingestellten Lebenslaufs darauf verzichtet, nähere Angaben zu seiner Erwerbsbiographie zu machen, die eine entsprechende (Berufs-)Erfahrung hätten belegen können. Ein solches Verhalten sei, zumindest in der Gemengelage mit weiteren, gegen ein ernsthaftes Interesse am Erhalt der Stelle sprechenden Umständen, ein objektiver Anhaltspunkt für einen Rechtsmissbrauchs (BAG, Urteil v. 19.09.2024, 8 AZR 21/24).