Die Vertreter der Gewerkschaften haben kurz vor dem Start der Tarifverhandlungen zum TVöD (24.01.) ihren Forderungen auf der 66. Jahrestagung des Beamtenbundes dbb Nachdruck verliehen und bereits Warnstreiks in Aussicht gestellt. Hinsichtlich der Flexibilisierung der Arbeitszeiten sind schon jetzt erste Annäherungen zwischen den Tarifvertragsparteien zu beobachten.
So können sich die rund zwei Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen voraussichtlich auf flexiblere Möglichkeiten bei ihrer Arbeitszeit einstellen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ließ auf der Jahrestagung des Beamtenbundes dbb am 06.01. in Köln verlauten, dass auch sie eine Flexibilisierung bei der Arbeitszeit anstrebe. „An ein paar Stellen sind wir sehr nah beieinander“, so Faeser in Richtung der Gewerkschaften.
Gewerkschaften fordern unter anderem flexiblere Arbeitszeiten
Der dbb und die Gewerkschaft Ver.di fordern für die am 24. Januar startenden Tarifverhandlungen unter anderem die Einrichtung eines „Mehr-Zeit-für-mich-Kontos“. Beschäftigte sollen am Ende eines bestimmten Zeitraums entscheiden, ob zusätzlich geleistete Arbeitszeit mit Überstundenzuschlägen ausgezahlt oder auf das neue Zeitkonto gebucht wird.
Für die Beamtinnen und Beamten des Bundes drängt der dbb auf Änderung der Besoldung und eine Rückführung der Wochenarbeitszeit von 41 auf 39 Stunden.
Auf Seiten der Bundesinnenministerin werden die kommunalen Arbeitgeber mit den Gewerkschaften verhandeln. „Ich freue mich auf die Tarifgespräche“, sagte Faeser. Sie sei zuversichtlich, dass es einen tragfähigen, allen Interessen gerecht werdenden Abschluss geben werde.
Ver.di-Chef zieht Warnstreiks in Betracht
Der dbb-Vizechef Volker Geyer sagte: „In jeder Einkommensrunde gibt es eine Chance, den öffentlichen Dienst attraktiver zu machen. (…) Bei der Arbeitszeitsouveränität hinken wir der Wirtschaft meilenweit hinterher.“ An Faeser gewandt forderte der dbb-Vertreter: „Machen Sie uns nicht erst wieder in der dritten Runde ein Angebot – das wird der Lage nicht gerecht.“
Gut möglich, dass es auch in dieser Tarifrunde wieder Warnstreiks in den Kommunen gibt. Ver.di-Chef Frank Werneke hatte der Deutschen Presse-Agentur (dpa) gesagt: „Es gibt Frust. Auch darüber, dass sich nicht wirklich was nach vorne entwickelt. Warnstreiks seien laut Werneke nicht auszuschließen. Die Stimmung sei aufgeheizt.
Hohe Arbeitsbelastung im öffentlichen Dienst
„Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind am Limit“, sagte Geyer. Sie hätten immer mehr Aufgaben zu schultern und immer mehr Gesetze und Verordnungen auszuführen. „Hier noch eine Berichtspflicht, da noch eine Sonderaufgabe – so funktioniert das nicht“, so Geyer, der in Köln den erkrankten dbb-Chef Ulrich Silberbach vertrat.
Geyer und Faeser betonten, ein starker Staat sei essenziell für eine funktionierende Demokratie. Eindringlich forderte der Gewerkschafter mehr Investitionen des Staates in die öffentliche Infrastruktur – in Bildung, Sicherheit, Gebäude, Digitalisierung. Die Innenministerin erklärte im Einklang mit dem SPD-Programm zur Bundestagswahl und unter Applaus des Publikums ihre Bereitschaft zur Änderung der Schuldenbremsen-Regel im Grundgesetz, um solche Investitionen möglich zu machen – und zwar in Zeiten eines aktuell andauernden Kriegs in Europa, wie Faeser mit Blick auf Russlands Krieg gegen die Ukraine sagte.
Respekt vor Leistungen der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes
In ihrer Rede hob Faeser auch die bedeutende Rolle des öffentlichen Dienstes für den Staat hervor und dankte den Beschäftigten für ihren Einsatz:
„Der öffentliche Dienst ist das Rückgrat unseres Staates. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten jeden Tag einen unentbehrlichen Dienst für unsere Gesellschaft. Sie sorgen dafür, dass unser Staat stark und handlungsfähig ist. Wir müssen deshalb auch in den anstehenden Tarifverhandlungen angemessene und gute Lösungen für den Bund und die Kommunen ebenso wie für die Beschäftigten finden. Das ist für mich auch eine Frage des Respekts vor den Menschen, die unser Land Tag für Tag am Laufen halten und oftmals ihren Kopf für uns alle hinhalten – gerade in schwierigen Zeiten. Selbstverständlich haben wir die angespannte Haushaltslage dabei im Blick.“