Organisation und Personal Weiterbildung
Voraussichtliche Lesezeit: 4 Minuten

Beamtenrecht: Merkmal der Hauptberuflichkeit ist entscheidend für Festsetzung von Erfahrungszeiten

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat entschieden, dass bei der Festsetzung von Erfahrungszeiten zwischen Zeiten beruflicher Tätigkeit und Ausbildungszeiten zu unterscheiden ist (OVG Lüneburg, Beschluss v. 28.7.2021, 5 LA 69/20).

Konkret ging es um den Fall eines Beamten der Besoldungsgruppe A7, der die Festsetzung einer höheren Erfahrungsstufe und damit einhergehend eine höhere Besoldung verlangte.

Beamter verlangt die Berücksichtigung von Qualifizierungszeit als Erfahrungszeit

Der Kläger trat am 1. Oktober 2015 als vollzeitbeschäftigter Tarifbeschäftigter (Entgeltgruppe 7 TV-L) in den Dienst des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes einer Stadt in Niedersachsen. Dort nahm er in der Zeit vom 1. Oktober 2015 bis zum 30. Juni 2017 an der insgesamt 21-monatigen, modular aufgebauten „Berufsbegleitenden Qualifizierung des technischen Aufsichtsdienstes im Fachbereich Gewerbeaufsicht“ mit fortgesetzten Leistungskontrollen teil, die er mit Zertifikat abschloss. Er hatte vorher eine Ausbildung zum Zweiradmechaniker absolviert und anschließend die entsprechende Meisterschule besucht. Der Zeitraum seiner Tätigkeit als Zweiradmechaniker bzw. –meister erstreckt sich somit vom 28. Januar 2010 bis 31. Juli 2012 sowie vom 1. Juni 2013 bis zum 30. September 2015.

Unmittelbar nach der Qualifizierung war der Kläger für ein volles Jahr – also für den Zeitraum vom 1. Juli 2017 bis zum 30. Juni 2018 – im unbefristeten Arbeitsverhältnis als Vollzeitbeschäftigter beim Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt der Stadt tätig. Mit Wirkung vom 1. Juli 2018 erfolgte unter Berufung seine Ernennung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Gewerbeobersekretär (Besoldungsgruppe A7).

Der Beginn seiner ersten Erfahrungsstufe wurde durch den Dienstherrn unter Verweis auf § 25 NBesG auf den 1. September 2013 festgesetzt. Als Erfahrungszeiten wurden dabei gem. § 25 Abs. 2 S. 2, 4 NBesG die zeitlich vor dem Eintritt des Klägers in das Beamtenverhältnis auf Probe liegenden Zeiten seiner Tätigkeit als Zweiradmechaniker (28. Januar 2020 – 31. Juli 2012) sowie als Zweiradmechanikermeister (1. Juni 2013 – 30. September) anerkannt. Jedoch wurde die Qualifizierungsmaßnahme (1. Oktober 2015 – 30. Juni 2017) nicht berücksichtigt.

Daher verlangte der Mechaniker, dass auch dieser Zeitraum als Erfahrungszeit anerkannt wird. Schließlich sei er auch in dieser Zeit befristet als vollzeitbeschäftigter Tarifbeschäftigter im Niedersächsischen Landesdienst tätig gewesen.

Der Dienstherr lehnte dies jedoch mit der Begründung ab, dass die Zeit vom 1. Oktober 2015 bis zum 30. Juni 2017 als Ausbildungszeit zu qualifizieren sei und deshalb nicht als Erfahrungszeit berücksichtigungsfähig ist. Diese Auffassung wurde vom Verwaltungsgericht Hannover bestätigt.

OVG: Zeiten gelten als nicht berücksichtigungsfähige Ausbildungstätigkeit

Auch das OVG war derselben Meinung. Der in Rede stehende Zeitraum sei zu Recht nicht als Erfahrungszeit vom Dienstherrn anerkannt worden, weil die Voraussetzungen des § 25 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 NBesG nicht erfüllt waren. Bei der Qualifizierung habe es nicht um eine hauptberufliche, sondern um eine Ausbildungstätigkeit gehandelt.

Demnach stehe der Begriff der Hauptberuflichkeit u. a. im Gegensatz zum Begriff der Ausbildung. (BVerwG, Urteil vom 14.12.2017, BVerwG 2 C 25.16, juris Rn. 14). Ausbildungszeiten sind also keine Zeiten beruflicher Tätigkeit im Sinne derjenigen Normen, die bei der Stufenfestsetzung die Berücksichtigung von Vortätigkeitszeiten ermöglichen. Schließlich kann die tatsächliche Berufserfahrung nur im Beruf und nicht in der Ausbildung erworben werden.

Im Vordergrund stand der Ausbildungszweck

Ein weiterer Grund, warum der in Rede stehende Zeitraum nicht als „beruflicher“ Zeitraum zu qualifizieren sei, weil während dieses Zeitraums durchgehend eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 7 des TV-L erfolgte und eine tarifliche Eingruppierung von der tatsächlichen Aufgabenwahrnehmung abhängt. Für die Teilnahme an den von der Ausbildungsleitung organisierten Qualifizierungsmaßnahmen, einschließlich der erforderlichen Vor- und Nachbereitungszeiten sowie den in der Praxis zu erbringenden Leistungsnachweisen (Anordnung, Probebesichtigung, Probearbeiten und Aktenvortrag), werden die zu Qualifizierenden von ihren sonstigen Tätigkeiten freigestellt. Die Zeit der „berufsbegleitenden Qualifizierung des technischen Aufsichtsdienstes im Fachbereich Gewerbeaufsicht“ im Zeitraum vom 1. Oktober 2015 bis zum 30. Juni 2017 unterscheidet sich inhaltlich maßgeblich von der nachfolgenden Tätigkeit beim Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt im Zeitraum vom 1. Juli 2017 bis zum 30. Juni 2018. Dies gehe, so das OVG, im Übrigen auch aus den entsprechenden Arbeitsverträgen hervor.