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Führung mit Verfassungstreue: Artikel 33 GG und die Besetzung von Geschäftsführungspositionen einer öffentlich-rechtlichen GmbH

Artikel 33 Abs. 2 des Grundgesetzes verpflichtet den Staat, öffentliche Ämter ausschließlich nach den Kriterien Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu besetzen. Diese Regelung entfaltet ihre Wirkung nicht nur im „klassischen“ öffentlichen Dienst, sondern auch bei privatrechtlich organisierten Institutionen, die hoheitliche Aufgaben wahrnehmen. Doch wie sieht es im Speziellen für die Anwendung des Grundsatzes der Bestenauslese für die Position eines Geschäftsführer einer solchen Institution aus?

Die Geschäftsführer-Position im Kontext der GmbH

Grundsätzlich sind Geschäftsführerinnen im eigentlichen Sinne keine Arbeitnehmerinnen, da sie als gesetzliche Vertreterinnen der GmbH als eigenständiges Organ und nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses agieren. Prinzipiell handeln sie weisungsunabhängig gegenüber der Gesellschaft im Rahmen ihrer Geschäftsführertätigkeit. Zudem unterliegen sie, anders als Arbeitnehmer, nicht der klassischen persönlichen Abhängigkeit, sondern treffen selbstständig Entscheidungen.

Ausnahmetatbestände nach Rechtsprechung des BAG

Hierzu benennt das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seiner aktuellen Rechtsprechung allerdings Ausnahmetatbestände. Der Tenor der beiden einschlägigen Urteile (BAG, 9 AZB 40/21 und 9 AZR 43/22) verdeutlicht, dass ein Geschäftsführer ausnahmsweise als Arbeitnehmer gelten kann, wenn er nicht die typischen Merkmale einer Organstellung erfüllt. Entscheidend ist dabei, ob er in persönlicher Abhängigkeit steht und somit weisungsgebunden handelt. Eine solche persönliche Abhängigkeit liegt vor, wenn der Geschäftsführer bei der Ausübung seiner Tätigkeit an detaillierte Vorgaben der Gesellschafter gebunden ist und keinen eigenen Gestaltungsspielraum hat. Diese Weisungsgebundenheit unterscheidet sich von der allgemeinen Bindung an gesellschaftsrechtliche Beschlüsse und deutet auf eine faktische Eingliederung in die Organisation hin.

Darüber hinaus kommt es auf den tatsächlichen Schwerpunkt der Tätigkeit an. Wenn der Geschäftsführer überwiegend operative Aufgaben übernimmt, die üblicherweise von Arbeitnehmer erledigt werden, und weniger strategische oder unternehmerische Entscheidungen trifft, kann dies ebenfalls für eine Arbeitnehmereigenschaft sprechen. In solchen Fällen rückt die formale Organstellung in den Hintergrund, und die Tätigkeit wird anhand der tatsächlichen Verhältnisse bewertet.

Das BAG betont in seinen Entscheidungen, dass die Arbeitnehmereigenschaft nicht allein durch den Abschluss eines Dienstvertrags ausgeschlossen wird. Entscheidend ist vielmehr eine funktionale Betrachtung der Arbeitsweise und der tatsächlichen Weisungsgebundenheit. Insbesondere in Fällen, in denen die Rolle des Geschäftsführers stark durch die Gesellschafter bestimmt wird, ist die Arbeitnehmereigenschaft nicht von vornherein ausgeschlossen.

Die funktionale Einordnung des Geschäftsführers ist entscheidend

Um Klarheit bzgl. der o.g. Fragestellung zu erhalten sollte zunächst die funktionale Einordnung eines Geschäftsführers, der für eine privatrechtliche Institution mit hoheitlichen Aufgaben tätig ist, betrachtet werden.

Entscheidend ist, ob er in Weisungsabhängigkeit von Gesellschafter handelt. Dies trifft für privatrechtliche Organisationen mit hoheitlichen Aufgaben (z. B. Abfallwirtschafts-GmbHs) in der Regel zu. Geschäftsführer sind hierbei an Weisungen der Gesellschafter (bspw. Stadt oder Landkreis) oder übergeordnete Organe gebunden. Zudem handeln Geschäftsführer solcher Organisationen nicht primär in wirtschaftlichem Eigeninteresse, sondern im Rahmen der Daseinsvorsorge oder anderer hoheitlicher Aufgaben. Ihre Tätigkeit ist funktional eng mit dem staatlichen Auftrag verknüpft, was sie von klassischen Geschäftsführer rein privatwirtschaftlichen Unternehmen unterscheidet. Daher ist anzunehmen, dass diese als Beschäftigte anzuerkennen und somit die Regelungen des Art. 33 Abs. 2 GG auch hier zuzuerkennen sind.

Unabhängig davon hat Artikel 33 GG als grundrechtsgleiches Recht Vorrang vor der rechtlichen Einordnung als Organ der Gesellschaft. Selbst wenn ein Geschäftsführer formal kein Arbeitnehmer ist, kann er als „Beschäftigter“ gelten, da die verfassungsrechtliche Bindung an den Grundsatz der Bestenauslese höher wiegt als gesellschaftsrechtliche Strukturen.

Fazit

Artikel 33 Abs. 2 GG ist als grundrechtsgleiches Recht auch auf Geschäftsführerpositionen privatrechtlicher GmbHs anzuwenden, wenn diese hoheitliche Aufgaben wahrnehmen. Die funktionale Bindung an öffentliche Aufgaben, insbesondere die Weisungsgebundenheit gegenüber Gesellschaftern wie Kommunen oder Landkreisen, macht Geschäftsführer zudem zu faktischen Beschäftigten. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, die Stellenbesetzung strikt nach den Kriterien der Bestenauslese durchzuführen, unabhängig von der gesellschaftsrechtlichen Einordnung der Position.