Ein Gruppenleiter in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung verlangte eine höhere Vergütung gemäß TVöD VKA, da seine Qualifikation als „staatlich geprüfter Techniker“ mit der eines Meisters gleichzusetzen sei. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hielt die Forderung jedoch für unbegründet. Für die Eingruppierung als „Meister“ dürfe ein Meistertitel vorausgesetzt werden (BAG, Urteil v. 12.06.2024, 4 AZR 208/23).
Der Sachverhalt
Der Kläger ist sei 1994 als Gruppenleiter in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung tätig und verfügt über eine Qualifikation als „staatlich geprüfter Maschinenbautechniker“ sowie als „geprüfte Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung in Werkstätten für behinderte Menschen“. Er forderte eine Eingruppierung in die S 8b TVöD VKA, da er seine Qualifikation als Techniker der eines Meisters gleichgestellt sieht.
Die entsprechende Entgeltordnung regelt in Teil B, Abschnitt XXIV für Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst:
Entgeltgruppe S 8b
[…]
2. Handwerksmeisterinnen/Handwerksmeister,
Industriemeisterinnen/Industriemeister,
Gärtnermeisterinnen/Gärtnermeister als
Gruppenleiterin/Gruppenleiter in Ausbildungs- oder Berufsförderungswerkstätten oder Werkstätten für behinderte Menschen.
Mit seiner Forderung ist der Beschäftigte allerdings vor dem BAG gescheitert – ebenso wie bereits zuvor in den beiden vorangehenden Instanzen.
Staatlich geprüfter Techniker erfüllt nicht die Qualifikation als Meister
Wie das BAG betont, unterscheiden die Tarifvertragsparteien zwischen Meistern und Technikern bzw. anderen Ausbildungsabschlüssen. Danach wird für die Eingruppierung in die EG s 8b explizit eine Meisterprüfung verlangt.
Bei einer Auslegung des Tarifvertrags nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist ein Meister eine Person, die eine Meisterprüfung bestanden hat. Der Tarifvertrag sieht gerade keine Gleichstellung von Technikern mit Meistern vor. Zudem gibt es aus Sicht des BAG keine Hinweise darauf, dass die Tarifvertragsparteien auch Techniker in die Meisterregelung einbeziehen wollten. Im Gegenteil: Aus der Struktur der Entgeltgruppen im Tarifvertrag gehe hervor, dass für bestimmte Fallgruppen eine spezifische Meisterqualifikation entscheidend ist, während für andere Gruppen eine abgeschlossene Berufsausbildung ausreichend ist und kein spezifischer Ausbildungsabschluss gefordert wird.
Tarifvertrag darf Eingruppierung von Qualifikation abhängig machen
Auch der allgemeine Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG wird dadurch nicht verletzt, wie das BAG herausstellt. Die Tarifvertragsparteien dürfen bei einer tariflichen Normsetzung Differenzierungen vornehmen, solange ein sachlich vertretbarer Grund vorliegt. Die Zuordnung zu einer Entgeltgruppe kann dabei von bestimmten Ausbildungserfordernissen abhängen, was zu unterschiedlichen Vergütungen bei gleicher Tätigkeit führen kann. In Bezug auf den verlangten Meistertitel basiert die Unterscheidung u.a. auf der Annahme, dass die Meisterausbildung spezifische Qualifikationen vermittelt, insbesondere auch im Bereich der Arbeitspädagogik. Dies ist in der Ausbilder-Eignungsverordnung (AEVO) geregelt und erlaubt den Meistern auch das Ausbilden in anerkannten Ausbildungsberufen ohne weiteren Nachweis.
Gleichwertigkeit der Qualifikation führt nicht zur Gleichstellung im Tarifsinne
Der Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR) ordnet zwar sowohl Techniker als auch Meister dem Niveau 6 zu und das Berufsbildungsgesetz (BBiG) ermöglicht für beide Abschlüsse gleichermaßen den Erwerb bzw. die Führung der Bezeichnung „Bachelor Professional“ und „Master Professional“. Diese Gleichwertigkeit führe aber weder zu einer formellen Gleichsetzung der Abschlüsse „Meister“ und „staatlich geprüfter Techniker“ noch zu einer Aufgabe der Differenzierung zwischen den verschiedenen Ausbildungen. Die Qualifikation als „staatlich geprüfter Techniker“ bedeutet also nicht automatisch eine gleiche Eignung für alle Tätigkeiten im tariflichen Sinne, die bei der Qualifikation als „Meister“ vorausgesetzt werden dürfe.