In Brüssel ist der Rahmen längst abgesteckt: Die Richtlinie (EU) 2023/970 verpflichtet auch deutsche Körperschaften des öffentlichen Rechts, den Gender-Pay-Gap offenzulegen und sämtliche Vergütungsbestandteile in Euro auszuschlüsseln – unabhängig davon, wie transparent Tarifvertrag oder Besoldungsordnung heute schon erscheinen.
Warum betrifft das gerade die öffentliche Verwaltung?
Der Gesetzgeber zählt jede juristische Person mit mindestens 100 Beschäftigten – Beamte, Tarifbeschäftigte, Azubis und sogar Praktikantinnen. Für Kommunen, Landesbetriebe und Universitäten heißt das: Selbst wenn die Kernverwaltung unter der Schwelle liegt, kann ein „ausgelagerter“ Eigenbetrieb die Berichtspflicht auslösen. Ausschlaggebend ist aber die Kopfzahl pro Rechtsträger, nicht der Gesamtkonzern; oft lohnt sich jedoch ein konzernweites Vorgehen, um Daten nur einmal aufzubereiten.
Welche Fristen und Pflichten kommen?
- Ab 7. Juni 2027 müssen Dienstherren mit ≥ 250 Beschäftigten jährlich einen Gender-Pay-Gap-Bericht veröffentlichen.
- Wer 150 – 249 Beschäftigte zählt, legt den Bericht alle drei Jahre vor (erstmals ebenfalls 2027).
- Für 100 – 149 Beschäftigte beginnt die Pflicht 2031.
- Bereits heute gilt ab 200 Beschäftigten ein individueller Auskunftsanspruch: Mitarbeitende können das Medianentgelt ihrer Vergleichsgruppe anfordern – Antwortfrist drei Monate.
Stellt der Bericht eine unbereinigte Lücke von mehr als 5 % in einer Kategorie fest, müssen Behörden innerhalb von sechs Monaten einen „Joint Pay Assessment“ durchführen: Ursachen analysieren, Maßnahmen planen, Fortschritte messen.
Wer ist konkret betroffen (inkl. Berichtszeitrahmen)?
Schwellenwert | Melde-/Berichtspflicht | Turnus | Stichtag* |
---|---|---|---|
≥ 250 Beschäftigte | Gender-Pay-Gap-Bericht | jährlich | 7 . 6 . 2027 |
150 – 249 | Bericht | alle 3 J. | 7 . 6 . 2027 |
100 – 149 | Bericht | alle 3 J. | 7 . 6 . 2031 |
> 200 | Individueller Auskunftsanspruch | auf Antrag | bereits in Kraft |
* Fristen gem. EU-Richtlinie; nationales Umsetzungsgesetz folgt bis 06/2026
Neben den Berichten gibt es jedoch weitere neue Aufgaben.
Transparenz von Anfang an: Stellenausschreibungen
Noch vor dem ersten Vorstellungsgespräch muss in jeder Anzeige eine objektiv begründete Gehaltsbandbreite stehen. Fragen nach der bisherigen Vergütung sind tabu, die Formulierung des Jobs darf keinerlei Gender-Bias zeigen.
Während des Arbeitsverhältnisses: Das Auskunftsrecht
Ab 2026 dürfen Beschäftigte jederzeit wissen, wie ihre eigene Vergütung und der Median ihrer Vergleichsgruppe aussehen – aufgeschlüsselt nach Geschlecht. Die Antwort muss binnen zwei Monaten seitens der Personalabteilung erteilt werden, und Arbeitgeber müssen ihre Teams einmal pro Jahr aktiv an dieses Recht erinnern
„Tarifvertrag reicht doch“ – leider nein
Besoldungstabellen oder TVöD-Stufen sind zwar öffentlich, doch die Richtlinie verlangt konkret bezifferte Beträge – inklusive Zulagen, Leistungsentgelte, Sachleistungen (etwa Dienstwagen) und Versorgungsaufwand. Alles wird in Euro umgerechnet und aggregiert: Median-Entgelte, variable Anteile, Boni. Nur so lassen sich Gender-Gaps wirklich vergleichen.
Braucht es neue Software?
Die meisten Behörden nutzen längst etablierte HR-/Payroll-Suiten, in denen alle Entgeltdaten liegen (z.B. die berühmte Software mit den vier Buchstaben). Der Markt hat reagiert:
- Reporting-Add-ons für gängige HCM-Systeme generieren Median-Berechnungen und exportieren sie nach Excel oder BI-Tools.
- Spezialisierte SaaS-Anbieter fokussieren sich auf Pay-Gap-Analytics, lassen sich per CSV-Schnittstelle anbinden und liefern fertige Richtlinien-Berichte.
Meist reicht also ein Upgrade oder ein Zusatzmodul – vorausgesetzt, Ihre Stammdaten sind sauber und Rollen/Beschäftigungsarten konsistent gepflegt.
Fünf pragmatische Schritte bis zum Stichtag
- Datengarten aufräumen: Alle Entgeltarten inklusive Sachleistungen erfassen, doublonierte Jobs vereinheitlichen.
- Bewertungslogik zusammenführen: Wer ist „vergleichbar“? Stufen Sie Tätigkeitsgruppen gemeinsam mit Personalrat und Gleichstellungsbeauftragten. Aktuelle und „saubere“ Stellenbewertungen sind hier die Basis.
- Reporting einrichten–Probeberichte fahren: Templates anpassen, Schnittstellen zwischen Payroll, Stellenplan und BI prüfen, Testläufe fahren.
- Lücke analysieren → Maßnahmen planen: Bei > 5 % Gap Handlungsfelder definieren (z. B. Eingruppierung, Zulagenpraxis).
- Kommunizieren und veröffentlichen: Bericht im Intranet oder Bundesanzeiger bereitstellen, FAQ für Mitarbeitende erstellen, jährliche Review-Schleife etablieren.
Fazit
Die neue Transparenz ist kein Selbstzweck – sie soll Vertrauen schaffen, zeigt Handlungsbedarf und stärkt Equal Pay. Wer jetzt Prozesse, Daten und Software justiert, erlebt bis zur Einführung keinen bösen Stichtags-Stress.
Wichtig ist: Sie müssen es sowieso machen, also: machen Sie es lieber gut und ziehen Sie das Beste aus den Daten für Ihre Erkenntnisse und Maßnahmen heraus.
Bei Bedarf stehen wir Ihnen bei der Umsetzung gern beratend und unterstützend bei Seite:

Dr. Dino André Schubert MBA
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