Organisation und Personal Weiterbildung
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Klausel unwirksam: Arbeitgeber bleibt auf Fortbildungskosten sitzen

Fortbildungen sind wichtig. Sie helfen nicht nur Ihrem Mitarbeiter sondern auch in zweiter Instanz Ihrer Organisation. Doch diese sind meistens recht kostspielig. Damit sich Ihr  Angestellter mit den frisch erworbenen Erkenntnissen nicht direkt auf die Suche nach einem neuen Arbeitgeber macht, können Sie mit ihm im Vorfeld eine Rückzahlungsvereinbarung treffen. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten.

Warum?

Die Klausel könnte sich nachträglich als unwirksam herausstellen. So geschehen im Fall eines examinierten Altenpflegers, der vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm landete (Urteil vom 29.01.2021, Az. 1 Sa 954/20). Dieser war bei einem ambulanten Pflegedienst beschäftigt. Er genoss eine fast zwei Jahre andauernde Ausbildung zur Pflegedienstleitung. Um sich abzusichern, traf sein Arbeitgeber mit ihm eine Weiterbildungsvereinbarung. Diese band den Altenpfleger nach Abschluss der Ausbildung für zwei Jahre an das Arbeitsverhältnis. Im Falle einer vorzeitigen Kündigung sollte er die Kosten „anteilig“ zurückzahlen müssen.

Es kam, wie es kommen musste: Der Altenpfleger kündigte das Arbeitsverhältnis bereits zwei Monate nach Ende der Ausbildung. Der Arbeitgeber verlangte von ihm rund 13.000 Euro – das entspricht 22/24 der Gesamtkosten der Ausbildung. Der ausgeschiedene Mitarbeiter verweigerte die Zahlung, woraufhin der Arbeitgeber klagte – allerdings ohne Erfolg.

Das Gericht befand nämlich, dass die in der Weiterbildungsvereinbarung enthaltene Rückzahlungsklausel den Mitarbeiter unangemessen benachteiligte. Daher sei sie gem. §307 Abs. 1 BGB unwirksam.

§ 307 Abs. 1 BGB:
Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

Die Benachteiligung ergab sich lt. dem LAG aus dem Wort „anteilig“ – einem Ausdruck, der weder klar noch verständlich ist (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB). Doch das Gericht wies noch auf einen anderen Punkt hin: Eine zu weit gefasste Rückzahlungsklausel ist insgesamt unwirksam. Sie greift also selbst dann nicht, wenn Ihr Mitarbeiter aus einem Grund kündigt, aus dem sich eigentlich eine Rückzahlungsverpflichtung ergeben könnte.

Das heißt aber nicht, dass das Gericht Rückzahlungsklauseln generell für unwirksam hält. Schließlich bieten Sie als Arbeitgeber das Finanzieren von Aus- oder Weiterbildung mit dem legitimen Ziel an, die erworbenen Qualifikationen Ihrer Mitarbeiter längerfristig in der eigenen Organisation nutzen zu können, weshalb Sie dem LAG zufolge durchaus berechtigt sind, im Falle eines Falles einen Ausgleich für Ihre finanziellen Aufwendungen zu verlangen.

Diese Erstattungspflicht greift allerdings lt. dem Gericht nur, wenn der Arbeitnehmer für den Grund des Ausscheidens verantwortlich ist und dafür das Risiko trägt.

Was bedeutet das für Sie als Arbeitgeber, wenn Sie eine solche Rückzahlungsklausel vereinbaren wollen?

Zunächst muss sie angemessen und nicht benachteiligend im Sinne des BGB sein. Des Weiteren entfällt eine Rückzahlungsverpflichtung auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis aus

  • nicht vom Arbeitnehmer zu vertretenden personenbedingten Gründen,
  • die bis zum Ablauf der Bindungsfrist anhalten,
  • vom Arbeitnehmer durch Ausspruch einer Eigenkündigung oder
  • aufgrund einer aus diesen Gründen geschlossenen Auflösungsvereinbarung beendet wird.

Bezogen auf den o.g. konkreten Fall entsprach die Rückzahlungsklausel nach Ansicht des Gerichts diesen Vorgaben nicht, weshalb sie insgesamt unwirksam sei und eine Kostenerstattung daher entfalle.

Was für Beendigungsgründe können eine Rückzahlungspflicht rechtfertigen?

Kurz gesagt: Wenn sie an eine verhaltensbedingte Kündigung durch Sie als Arbeitgeber anknüpft. Die Klauseln sind jedoch unwirksam, wenn die Kündigung aus betriebs- oder krankheitsbedingten Gründen erfolgt. Wenn Ihr Arbeitnehmer also aus personenbedingten Gründen kündigt, die er nicht zu vertreten hat (z. B. Krankheit), muss er nach der Entscheidung des LAG die ebenfalls nicht erstatten. Die Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die personenbedingten Kündigungsgründe mindestens bis zum Ablauf der Bindungsfrist andauern.