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Strategizing mit PAPI: Wie Verwaltungen Strategie tun – und messbar besser werden

Kurzfassung:
Strategie wirkt nicht, weil es ein Dokument gibt, sondern weil Führungsteams Strategie leben – im Denken, Handeln und Lernen. Die aktuelle Verwaltungsforschung fasst dieses Strategizing in vier miteinander verknüpften Komponenten zusammen: Purposeful, Analytical, Place-based, Implementable (PAPI). Das Konzept wurde 2025 im International Public Management Journal veröffentlicht, theoretisch in den „zehn Strategie-Schulen“ verankert und empirisch geprüft (n=281 Top-Management-Team-Mitglieder flämischer Kommunen; George & Bryson, 2025). Ergebnis: eine valide, reliabel messbare Skala mit 15 Tätigkeiten, gebündelt zu P-A-P-I.

Wo PAPI herkommt

Das Konzept verbindet zehn Strategie-Schulen (u. a. Planung, Positionierung, Unternehmertum, Lernen, Macht, Kultur, Umwelt, Konfiguration, Kognition, Design) mit Erkenntnissen der Verwaltungsforschung. Aus dieser Synthese entstand eine Ursachen-/Wirkungs-Landkarte zentraler Strategie-Tätigkeiten – die Grundlage für das Messinstrument.

Nachfolgende Abbildung verdeutlicht den Analyserahmen des Konzepts.

Was genau wird gemessen?

Kurz: PAPI misst, wie stark ein Führungsteam „Strategizing“ praktiziert – also die konkreten Tätigkeiten, mit denen bei wichtigen Entscheidungen strategisch gedacht, gehandelt und gelernt wird. Erfasst wird das über 15 Survey-Items (Likert 1–5), die sich zu vier Komponenten bündeln: Purposeful, Analytical, Place-based, Implementable (P-A-P-I).

Bei der Ansage „Wenn wir im Managementteam wichtige Entscheidungen treffen, dann …“ beantworten Teilnehmende 15 Aussagen. Beispiele je Komponente:

  • Purposeful: Zweck/Werte stabil halten, Mandate/Anforderungen berücksichtigen.
  • Analytical: Systemische Ursachen/Folgen erkennen; relevante Daten/Analysen sammeln; Stakeholder beachten.
  • Place-based: Eigenen Kontext sowie Stärken/Schwächen/Chancen/Risiken der Community/Region berücksichtigen; kollaborative/kompetitive Vorteile im Umfeld.
  • Implementable: Umsetzungshürden antizipieren, von breiter Agenda zu fokussierten Schritten gehen, Commitment/Koalition aufbauen; Flexibilität sichern.

Antwortskala: 1 = stimme nicht zu bis 5 = stimme zu. (Template-Survey, anpassbar).

Wie wird ausgewertet?

  • Pro Komponente wird typischerweise der Mittelwert der zugehörigen Items gebildet (vierdimensionales Konstrukt). Faktoranalysen bestätigen die P-A-P-I-Struktur mit akzeptabler Reliabilität/Validität.
  • In der Validierungsstudie (n=281 TMT-Mitglieder flämischer Kommunen) lagen die Skalenmittelwerte etwa im Bereich 3,4–3,8; die Komponenten korrelieren moderat (r≈.38–.64), was die Unterscheidbarkeit stützt.

Wozu ist das nützlich?

Die PAPI-Skalen eignen sich für Selbstdiagnosen, Training und Evaluation – nicht um Prozesse „abzuhaken“, sondern um regelmäßig zu prüfen, wie gut Zweckbezug, Analysearbeit, Ortsbezug und Umsetzungsfokus in Entscheidungen gelebt werden. StrategizinginpublicmanagementT…

Die 15 Strategizing-Tätigkeiten (Survey-Items)

(Vorangestellt: „Wenn wir im Management-Team wichtige Entscheidungen treffen, dann …“)

  1. achten wir auf unsere Stakeholder.
  2. berücksichtigen wir politische, rechtliche, administrative Anforderungen.
  3. halten wir Zweck/Werte stabil.
  4. berücksichtigen wir unseren konkreten Kontext.
  5. beziehen wir uns auf unseren Zweck/Werte.
  6. betrachten wir SWOT der Organisation.
  7. betrachten wir SWOT der Kommune/Community.
  8. prüfen wir Kooperations-/Wettbewerbsvorteile der Organisation.
  9. prüfen wir Kooperations-/Wettbewerbsvorteile der Community.
  10. erkennen wir systemische Ursachen/Folgen.
  11. sammeln wir relevante Daten/Analysen/Evidenz.
  12. beachten wir Umsetzungshürden.
  13. sichern wir Flexibilität in Zielen/Politiken/Prozessen.
  14. gehen wir von breiter Agenda zu gezielter Auswahl.
  15. schaffen wir Commitment & Koalitionen. StrategizinginpublicmanagementT…

Zuordnung zu P-A-P-I (vereinfacht):

  • Purposeful: 2, 3, 5 (u. a. Werte/Mandate)
  • Analytical: 10, 11, Stakeholder-/System-Denken
  • Place-based: 4, 7, 9 (Ort/Ökosystem)
  • Implementable: 12, 14, 15 (Umsetzung/Koalitionen)

Was das für Führungs- und Fachpraxis bedeutet

  • Raus aus der „Plan-Logik“: PAPI rückt Aktivitäten ins Zentrum (Tun ≠ Checkliste). Nutzt die 15 Items als Regelroutine in Lenkungskreisen/VA-Sitzungen.
  • Selbstdiagnose statt Bauchgefühl: 10-Min-PAPI-Check (Skala 1–5) liefert klare Prioritäten für das nächste Quartal. (Werte <3 = Handlungsbedarf.)
  • Multilevel denken: Unterschiede zwischen Kommunen sind messbar → Abgleich Team/Organisation/Ökosystem.
  • Grenzen kennen: Querschnitt, Selbstbericht; weiterführende Vergleiche und Beobachtungen empfohlen.

Praxis-Beispiel (fiktiv, typisch): Digitale Bürgerdienste

Ausgangslage: 14 Vorhaben, knappe IT-Kapazitäten, politischer Druck.
PAPI-Umsetzung:

  • Purposeful: „Was stiftet nächstes Quartal den sichtbarsten Bürgernutzen rechtskonform?“
  • Analytical: Wartezeiten/Tickets analysieren, Stakeholder (Personalrat, CIO-Runde) früh einbinden.
  • Place-based: Sozialräume mit geringer Online-Affinität adressieren; Bibliotheken als Lernorte.
  • Implementable: Koalition OB-Büro/IT/Bürgeramt; 3 Quick-Wins statt 14 Parallelprojekte.
    Ergebnis: Wartezeit −25 %, Zufriedenheit +0,6 (1–5), Teamzufriedenheit steigt – Budget für Skalierung beschlossen.

So setzen Sie morgen an

  1. PAPI-Assessment (4 Wochen): anonymes Team-Survey basierend auf den 15 Items → Heatmap & Übertragung auf konkrete Handlungsfelder oder Projekte der Verwaltung.
  2. Führungs-Labs: Entscheidungsnotizen, Stakeholder-Maps, Delivery-Risiken – an Ihren realen Fällen.
  3. Begleitung: Portfoliosteuerung, Koalitions-Management, Wirkungs-Controlling.

Literatur

  • George, B. & Bryson, J. M. (2025). Strategizing in public management: The concept and its measurement. International Public Management Journal. DOI: 10.1080/10967494.2025.2559832