Vergabe
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Vergaberechtsfehler als Auflagenverstoß

Die Rückforderung von Fördergeldern wegen eines Vergaberechtsverstoßes ist für viele Zuwendungsempfänger eine ernstzunehmende Gefahr. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Fehler bewusst oder versehentlich begangen wurde – die Rechtslage ist hier eindeutig. In diesem Beitrag werfen wir einen genaueren Blick darauf, wann ein objektiver Vergabefehler einen Auflagenverstoß darstellt, welche Fristen zu beachten sind und warum ein Widerruf trotzdem kein Automatismus ist.

Objektiver Vergabefehler als Auflagenverstoß: Wann Fördermittel in Gefahr geraten

Im Vergaberecht gilt: Jeder Fehler, egal wie groß oder klein, kann grundsätzlich zur (Teil-)Rückforderung von Fördergeldern führen. Denn jeder objektive Verstoß gegen Vergaberechtsvorgaben wird rechtlich als Auflagenverstoß gewertet. Die rechtliche Grundlage hierfür findet sich in § 49 Abs. 3 Nr. 2 (L-)VwVfG. Der Verstoß berechtigt die Bewilligungsbehörde, den Zuwendungsbescheid zu widerrufen und die gewährte Förderung nach § 49a (L-)VwVfG zurückzufordern.

Entscheidend ist dabei: Das Gesetz unterscheidet nicht nach der Schwere oder der Vorwerfbarkeit des Vergabefehlers. Allein die objektive Feststellung eines Verstoßes reicht aus, um die Tür für einen Widerruf zu öffnen. Wie dieser Fehler im Einzelfall zu bewerten ist – insbesondere, ob der Widerruf tatsächlich erfolgt –, bleibt dann eine Frage der behördlichen Ermessensausübung (z. B. VG Gießen, Urteil vom 11.12.2023 – 4 K 1641/22). Auch Unkenntnis schützt nicht vor einer Rückforderung, sondern kann allenfalls bei der Ermessensentscheidung Berücksichtigung finden (VG München, Urteil vom 25.4.2024 – M 31 K 21.2797).

Wichtig: Ein objektiver Vergabefehler liegt jedoch nur vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist. Bestehen unterschiedliche Auffassungen zu einem vergaberechtlichen Punkt und fehlt eine obergerichtliche Entscheidung, kann bereits objektiv kein Auflagenverstoß angenommen werden. Ebenso besteht kein objektiver Fehler, wenn das Vergaberecht aufgrund des Zuwendungsbescheids gar nicht einzuhalten war (vgl. VG Köln, Urteil vom 3.3.2023 – 16 K 2955/20).

Rückforderungsfrist: Rechtssicherheit lässt auf sich warten

Während im Kartellvergaberecht Fehler nach Abschluss des Verfahrens oft nicht mehr angreifbar sind, sieht das Förderrecht längere Fristen vor. Die Widerrufsfrist beträgt ein Jahr – und diese beginnt erst zu laufen, wenn die Behörde positive Kenntnis von allen entscheidungserheblichen Tatsachen und rechtlichen Voraussetzungen erlangt hat. Allein die Aktenlage reicht hierfür nicht aus.

Damit beginnt die Frist häufig erst nach Abschluss zusätzlicher Verfahrensschritte wie Anhörungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.1.2019 – 10 C 5.17; OVG Münster, Urteil vom 15.8.2019 – 15 A 2792/18). Für Zuwendungsempfänger bedeutet dies: Rechts- und Planungssicherheit kann oft erst Jahre nach Abschluss des Förderprojekts eintreten.

Widerruf: Kein Automatismus trotz Vergabefehler

Selbst wenn ein vergaberechtlicher Verstoß festgestellt wird, ist die Rückforderung von Fördermitteln kein Selbstläufer. Der Widerruf erfordert eine fehlerfreie Ermessensentscheidung der Bewilligungsbehörde. Diese muss sorgfältig abwägen, ob und in welchem Umfang die Rückforderung gerechtfertigt ist. Der bloße Umstand eines Vergabefehlers allein reicht daher nicht aus, um automatisch alle Zuwendungen zu verlieren.

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