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Auswirkungen des Koalitionsvertrags auf den öffentlichen Dienst

Mit dem Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD wird eine umfassende Modernisierungsagenda für Staat und Verwaltung angekündigt. Ziel ist es, die Handlungsfähigkeit staatlicher Institutionen zu stärken und die Verwaltung zeitgemäß und bürgernäher zu gestalten. Für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst ergeben sich daraus zahlreiche Veränderungen, insbesondere im Bereich des Arbeitsrechts, der Arbeitsbedingungen und der Verwaltungsmodernisierung.

Verwaltungsmodernisierung und Digitalisierung

Kernanliegen der Koalition ist eine moderne, digitalisierte Verwaltung. Dabei sollen die Empfehlungen der „Initiative für einen handlungsfähigen Staat“ umgesetzt werden. Verwaltungsleistungen sollen künftig digital, barrierefrei und nach Möglichkeit antragslos angeboten werden – etwa indem Eltern nach der Geburt automatisch Kindergeldbescheide erhalten. Die Verwaltung soll vernetzter, effizienter und leistungsfähiger arbeiten.

Auch die Rolle des öffentlichen Dienstes als Arbeitgeber soll gestärkt werden. Ziel ist es, insbesondere Frauen bessere Karrierechancen zu eröffnen – durch mehr Führungspositionen, flexiblere Arbeitszeitmodelle und die Möglichkeit, auch in Teilzeit Führungsverantwortung zu übernehmen.

Reform des öffentlichen Dienstrechts

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf einer Reform des Dienstrechts. Die bisher starren Qualifikations- und Laufbahnvorgaben sollen für andere Berufsgruppen geöffnet werden. Dadurch sollen auch Experten aus Wissenschaft oder Wirtschaft leichter in den öffentlichen Dienst wechseln können. Umgekehrt soll auch der Wechsel aus der Verwaltung in andere Bereiche gefördert werden. Vorgesehen ist zudem ein Rotationsverfahren, das den Personalaustausch zwischen Bund, Ländern, Kommunen und der EU erleichtert.

Zur Sicherstellung der finanziellen Ausstattung der Kommunen wird die sogenannte Veranlassungskonnexität betont: Wenn der Bund durch Gesetzgebung neue Aufgaben auf die kommunale Ebene verlagert, sollen die notwendigen Finanzmittel dort auch tatsächlich ankommen.

Bürokratieabbau im Arbeitsrecht

Im Arbeitsrecht setzt die Regierung auf Entbürokratisierung. Insbesondere das Schriftformerfordernis bei befristeten Arbeitsverhältnissen soll gelockert werden, um digitale Verfahren zu ermöglichen. Auch das Statusfeststellungsverfahren, das die Abgrenzung zwischen Selbstständigkeit und Beschäftigung klären soll, wird reformiert – es soll künftig schneller, transparenter und rechtssicherer ablaufen. Eine sogenannte Genehmigungsfiktion soll beschleunigend wirken, insbesondere im Zusammenhang mit der geplanten Altersvorsorgepflicht für Selbstständige.

Zudem strebt die Koalition an, auf EU-Ebene die Verfahren der Entsendemeldung und des A1-Nachweises technisch zusammenzuführen. Die bisherige Möglichkeit zur telefonischen Krankschreibung soll erhalten bleiben, jedoch unter Bedingungen, die Missbrauch verhindern. Krankschreibungen über private Online-Plattformen sollen ausgeschlossen werden.

Arbeitszeitregelungen und Mehrarbeit

Auch bei der Gestaltung der Arbeitszeit stehen Neuerungen an. Die Koalition prüft die Einführung einer wöchentlichen statt einer täglichen Höchstarbeitszeit. Diese Umstellung soll im Dialog mit den Sozialpartnern erfolgen. Gleichzeitig soll die elektronische Arbeitszeiterfassung gesetzlich geregelt werden – unter Berücksichtigung praktikabler Übergangsregelungen für kleine und mittlere Betriebe. Vertrauensarbeitszeitmodelle sollen weiterhin möglich sein, sofern sie europarechtskonform ausgestaltet sind.

Die Rahmenbedingungen für Mehrarbeit sollen verbessert werden. Zuschläge für übertarifliche Mehrarbeit sollen künftig steuerfrei gestellt werden. Dabei gilt eine tarifliche Vollzeitarbeit ab 34 Wochenstunden, bei nicht tariflich geregelten Fällen ab 40 Stunden. Für Teilzeitkräfte ist ein steuerlicher Anreiz geplant: Wenn Arbeitgeber die Ausweitung der Arbeitszeit mit einer Prämie fördern, soll auch diese Prämie steuerlich begünstigt werden.

Mitbestimmung und Digitalisierung

Die Rolle von Betriebsräten und Gewerkschaften soll an die digitale Arbeitswelt angepasst werden. Betriebsratssitzungen und Versammlungen sollen künftig auch online abgehalten werden können. Auch digitale Wahlen sollen rechtlich ermöglicht werden. Gewerkschaften erhalten ein digitales Zugangsrecht zu Betrieben, das den analogen Rechten gleichgestellt ist. Zusätzlich sind steuerliche Anreize für Gewerkschaftsmitgliedschaften geplant, um die gewerkschaftliche Organisation zu stärken.

Inklusion und Teilhabe

Ein zentrales Anliegen der Koalition ist die Förderung der Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Arbeitsleben. Hierzu sollen die Strukturen zwischen Arbeitgeberberatungsstellen, der Bundesagentur für Arbeit und Rehabilitationseinrichtungen besser vernetzt werden. Schwerbehindertenvertretungen werden gestärkt und die Übergänge zwischen geschütztem Bereich, Inklusionsbetrieben und allgemeinem Arbeitsmarkt sollen erleichtert werden.