Organisation und Personal
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Eine Kündigung auf Druck ist unwirksam

Ein öffentliches Nahverkehrsunternehmen kündigte einem langjährigen Beschäftigten, weil Kollegen nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten wollten. Doch wie das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen entschied, war die Kündigung unwirksam. Der Arbeitgeber habe nicht ausreichend versucht, den Konflikt zu lösen (Urteil vom 13.05.2025, Az.: 10 SLa 687/24).

Wie sollen Arbeitgeber reagieren, wenn die Belegschaft die Entlassung eines bestimmten Arbeitnehmers verlangt? Und für den Fall, dass das nicht passiert, mit Streik oder eigenen Kündigungen droht? Möglich ist eine sogenannte Druckkündigung, an die Gerichte jedoch regelmäßig hohe Anforderungen stellen. So auch im vorliegenden Fall.

Wie das LAG Niedersachsen in seinem Urteil ausführte, sind dabei zwei Fallgruppen zu unterscheiden: Wenn ein verhaltens- oder personenbedingter Kündigungsgrund vorliegt, kann der Arbeitgeber entscheiden, ob er dem Druck nachgibt und kündigt (unechte Druckkündigung). Gibt es jedoch keinen objektiven Grund, der die Drohung Dritter rechtfertigt, kommt eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen in Betracht (echte Druckkündigung).

Der Fall: Außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist

Der Arbeitgeber – ein Nahverkehrsunternehmen – kündigte einem Mitarbeiter, der tarifvertraglich nicht ordentlich kündbar war, außerordentlich mit sozialer Auslauffrist. Hintergrund war ein langjähriger Konflikt zwischen dem Beschäftigten und seinen Kollegen. Schließlich kündigten zahlreiche Arbeitnehmer an, selbst zu kündigen, wenn dem betroffenen Mitarbeiter nicht gekündigt werde. Da bereits viele Kollegen ihre Versetzung beantragt oder sich krankgemeldet hatten, nachdem der Arbeitnehmer nach einer Krankheit zurück an den Arbeitsplatz kam, kündigte der Arbeitgeber dem Fahrer außerordentlich mit einer sozialen Auslauffrist.

LAG Niedersachsen: Voraussetzung für Druckkündigung nicht gegeben

Nun erklärte das LAG Niedersachsen die Kündigung für unwirksam. Aus Sicht des Gerichts waren weder die Voraussetzungen einer Druckkündigung gegeben, noch habe der Arbeitnehmer durch sein Verhalten oder in seiner Person einen wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung gesetzt.

Das LAG Niedersachsen stellte fest, dass eine Kündigung auf Druck der Belegschaft nur dann gerechtfertigt ist, wenn die Kündigung wirklich das einzig mögliche Mittel ist, um das angedrohte Verhalten wie zum Beispiel einen Streik oder eine Massenankündigung und die damit verbundenen schweren wirtschaftlichen Schäden abzuwenden. Aufgrund seiner arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht müsse der Arbeitgeber sich zunächst schützend vor den betroffenen Arbeitnehmer stellen und „alles Zumutbare“ versuchen, um die Belegschaft von ihrer Drohung abzubringen.

Nicht alles Zumutbare versucht – und damit keine ausreichende Konfliktlösung

Als nicht ausreichende Maßnahme, um den Beschäftigten zu schützen und den Druck abzuwenden, befand das Gericht die Aussage des Arbeitgebers, dass es „leider nicht so leicht ist, wegen Verfehlungen arbeitsrechtlich gegen ihn vorzugehen“. Nach Auffassung des Gerichts hätte der Arbeitgeber zunächst ein begonnenes Meditationsverfahren weiter durchführen müssen. Für eine verhaltensbedingte Kündigung hätte der Arbeitgeber ein konkretes Fehlverhalten des Mitarbeiters benennen müssen. Davon abgesehen habe es schon an einer Abmahnung gefehlt, rügte das Gericht.

Kein Auflösungsantrag möglich

Der Arbeitgeber konnte im vorliegenden Fall auch keinen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung stellen, urteilte das Gericht. Dies ist möglich, wenn sich eine ordentliche Kündigung im Laufe des Verfahrens als unwirksam herausstellt. Im konkreten Fall ging es jedoch um eine außerordentliche Kündigung, da die ordentliche Kündigung tariflich ausgeschlossen war. Dass diese mit sozialer Auslauffrist ausgesprochen worden war, änderte nach Ansicht der niedersächsischen Richter nichts daran, dass ein Auflösungsantrag nicht zulässig war.