Allgemein Organisation und Personal Soziale Verantwortung
Voraussichtliche Lesezeit: 3 Minuten

Hass-Chatgruppen im öffentlichen Dienst sollen unter Strafe gestellt werden

Der Bundesrat setzt sich für eine Verschärfung des Strafrechts ein, um effektiver gegen extremistische Chatgruppe im öffentlichen Dienst vorgehen und damit das Vertrauen in den Rechtsstaat stärken zu können. Am 20. Oktober 2023 beschlossen die Länder auf Anregung von Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, einen entsprechenden Gesetzesentwurf in den Deutschen Bundestag einzubringen.

Schwachpunkte der bisherigen Rechtslage

Es sind in der Vergangenheit vermehr Fälle aufgetreten, in denen extremistische und menschenverachtende Inhalte in sogenannten geschlossenen Chatgruppen von Angehörigen des öffentlichen Dienstes kursierten. Beteiligt an den internen Chats waren u.a. Polizeibeamte, Justizvollzugsbedienstete oder Soldaten der Bundeswehr. Jedoch fehlte es regelmäßig am Tatbestandsmerkmal „Verbreiten eines Inhalts“ bzw. am Nachweis, dass die Personen die Inhalte vorsätzlich verbreiten wollten, was eine Verurteilung der Verurteilten nach geltendem Recht unmöglich machte.

Die Strafbarkeit scheiterte bislang daran, dass die Straftatbestände der Volksverhetzung (§ 130 StGB) und das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86a StGB) nicht erfüllt werden, wenn es sich um geschlossene Kommunikationsgruppen handelt. Eine Verbreitung i. S. d. § 130 Abs. 2 StGB setzt nach allgemeiner Auffassung ein Element von Öffentlichkeit in dem Sinne voraus, dass der Inhalt einem größeren Personenkreis zugänglich zu machen ist, welcher nach Zahl und Individualität so groß sein muss, dass er für den Täter nicht mehr kontrollierbar ist.

Erschütterung des Vertrauens der Allgemeinheit in rechtsstaatliches Handeln

Daher äußert der Bundesrat den Vorschlag eines neuen Straftatbestandes, der die Äußerung und das „Zugänglichmachen“ von volksverhetzenden Inhalten und das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen unter Strafe stellt, sofern die Tathandlung im Zusammenhang mit einer Dienstausübung erfolgt. Demnach würde es künftig ausreichen, wenn die Handlung der Amtsträger objektiv dazu geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in rechtsstaatliches Handeln von Behörden zu erschüttern – ein tatsächlicher Erfolgseintritt sei nicht notwendig.

Hierbei kommt es bei der Einschätzung der objektiven Geeignetheit der Tat auf eine Gesamtwürdigung aller Umstände an. Insbesondere geht es um die Qualität der Inhalte und die Quantität der Äußerungen oder das Zugänglichmachen dieser Inhalte, da diese insbesondere Rckschlüsse auf eine verfestigte rechtsstaatsfeindliche Einstellung der Täterin oder des Täters zulassen. Auch die konkrete Zusammensetzung (verschiedene Dienstzweige innerhalb einer Behörde, behördenübergreifende Beteiligung) als auch die Größe etwaiger Kommunikationsgruppen könnten entsprechende Hinweise liefern.

Parallel dazu schlägt der Bundesrat Änderungen im Wehrstrafgesetzbuch vor, um auch extremistische Chatgruppen von Soldatinnen und Soldaten ahnden zu können.

Vertrauen in den Rechtsstaat stärken

Ziel der Initiative ist es, das Vertrauen der Allgemeinheit in den öffentlichen Dienst und den Rechtsstaat zu stärken. Der Bundesrat möchte zugleich einer „Erosion der rechtsstaatlichen Kultur innerhalb von Behörden und Dienstgruppen vorbeugen“, heißt es in der Entwurfsbegründung.

Gesetzesentwurf geht an Bundesregierung und Bundestag

Der Entwurf wurde mittlerweile der Bundesregierung zugeleitet, die nun dazu Stellung nimmt und anschließend beide Dokumente dem Bundestag zur Entscheidung vorlegt. Feste Fristen, wann sich dieser mit dem Vorschlag befasst, gibt es nicht. Sollte das Parlament das Gesetz verabschieden, würde sich der Bundesrat noch einmal abschließend damit befassen.