In den letzten Wochen haben wir einen Blick auf insgesamt sechs Mythen der Personalarbeit geworfen. Der heutige Beitrag, der diese insgesamt dreiteilige Reihe abschließt, beschäftigt sich mit den Aspekten der unterhaltsamen Personalentwicklung, Digitalisierung sowie der Funktion der Personalarbeit als Dienstleistung.
Mythos 7: Je unterhaltsamer die Personalentwicklung, desto besser
Viele Arbeitgeber sind mittlerweile dazu übergegangen, gänzlich neue Wege in der Personalentwicklung zu beschreiten. Doch des Öfteren scheint es so, als habe insbesondere der Unterhaltungswert solcher Maßnahmen Priorität. Führungskräftetrainings mit Dirigenten oder Pferden sind dabei nur die „Spitze des Eisbergs“. Als Maß für den Erfolg dieser Maßnahmen der Personalentwicklung dient dabei die Zufriedenheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Auf den ersten Blick scheint diese Rechnung auch aufzugehen.
Doch wie die Forschung zeigt, hat die Zufriedenheit der Beschäftigten nichts mit der Frage zu tun, ob sie etwas gelernt haben oder später im Berufsalltag Aufgaben besser bewältigen können. Demnach ist der Transfer von Lerninhalten umso eher zu erwarten ist, je größer die Nähe der Entwicklungsmaßnahme zum Berufsalltag der Betroffenen ist. Die Emotionalität einer Maßnahme sorgt zwar dafür, dass die Erinnerung an das Erlebte länger wach bleibt. Sie sorgt aber nicht automatisch für einen besseren Transfer der Inhalte in den Berufsalltag.
Mythos 8: Je digitaler, desto besser
Im Zeitalter der Digitalisierung scheint mehr und mehr auch im Personalwesen die These zu gelten: „Je digitaler, desto besser.“ So werden etwa Einstellungsinterviews oder Assessment Center digital durchgeführt. Zusätzlich zu den Bewerbungsunterlagen halten Personaler nach Daten aus sozialen Netzwerken Ausschau. Mitunter kommen sogar KI-Algorithmen zum Einsatz, um Persönlichkeitsprofile zu erstellen und selbstverständlich finden auch immer mehr Weiterbildungsmaßnahmen über den Computer statt. Die (fortschreitende) Digitalisierung ist so allgegenwärtig, dass ihr Nutzen kaum noch hinterfragt wird.
Auch hier liefert die Forschung Ergebnisse, die dagegensprechen: So erweisen sich Daten aus privaten sozialen Netzwerken weitgehend als nicht valide. Aus der Art, wie jemand spricht, schreibt oder sich bewegt, lassen sich per KI keine sinnvollen Schlussfolgerungen auf die berufliche Eignung ziehen. In ausschließlich digitalen Auswahlverfahren schneiden Bewerberinnen und Bewerber schlechter ab als in Face-to-Face-Verfahren. Auch junge Leute bevorzugen bei persönlichen Lebensentscheidungen den persönlichen Kontakt. Und bei Führungskräftetrainings erzielen digitale Formate schlechtere Ergebnisse als Präsenzveranstaltungen.
Mythos 9: Personalarbeit ist eine Dienstleistung
In vielen Organisation hat die Personalarbeit keinen hohen Stellenwert. Das Personalwesen wird zu einer reinen Dienstleitung „degradiert“ – oder degradiert sich selbst dazu. Ziel der Arbeit ist es, möglichst schnell die Wünsche der Fachämter oder der Organisationsleitung umzusetzen. Das Einstellungsinterview wird nicht nach den Regeln der Kunst entwickelt und durchgeführt, sondern so, wie eine Führungskraft es sich wünscht. Trainingsmaßnahmen werden nicht bedarfsgerecht entwickelt – stattdessen wird eingekauft, was gefällt.
Doch Personalarbeit ist für den Erfolg einer Organisation – auch im öffentlichen Sektor – essenziell. In ihr wohnt eine enorme wirtschaftliche Kraft: Die geeignete Person für eine freie Stelle zu gewinnen, die richtigen Leute an die richtigen Positionen zu bringen und den Aufstieg der falschen zu verhindern, Talente zu entwickeln und für ein gutes Miteinander zu sorgen, ist mindestens genauso wichtig wie eine gute Investitionsentscheidung. Dies muss man allerdings auch belegen und ausstrahlen können. Wer sich selbst klein macht, wird als unwichtig wahrgenommen.