Organisation und Personal
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Ist die Ausübung einer Nebentätigkeit während der Arbeitszeit möglich?

Zum Erlangen weiterer beruflicher Qualifikationen, der Finanzierung einer größeren Reise oder des gleichbleibenden Lebensstandards vor dem Hintergrund einer gestiegenen Inflation gewinnt die Nebentätigkeit auch für den öffentlichen Dienst an Relevanz. Insbesondere für Beamt*innen sind die Regelungen in den Beamtengesetzen und Verordnungen zu beachten. Da das Nebentätigkeitsrecht komplex und von einigen spezialgesetzlichen Regelungen begleitet ist, wird hier nur die Ausübung und der zeitliche Umfang der Nebentätigkeit betrachtet.

Das Niedersächsische Beamtengesetzt (NBG) definiert die Nebentätigkeit als ein Nebenamt oder eine Nebenbeschäftigung. Ein Nebenamt umfasst die nicht zum Hauptamt gehörenden Aufgaben, die aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses übernommen werden. Die Nebenbeschäftigung ist dagegen jede sonstige nicht zum Hauptamt gehörende Tätigkeit. Hierbei kommt es nicht darauf an, dass diese innerhalb oder außerhalb des öffentlichen Dienstes erfolgt (Vgl. § 70 Abs. 1 NBG). Nebentätigkeiten unterliegen grds. der Anzeigepflicht gem. § 40 S. 1 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG). Von diesem Grundsatz finden sich Ausnahmen wie beispielsweise die Verwaltung eigenen Vermögens oder grundsätzlich unentgeltliche Tätigkeiten.

Zeitlicher Umfang

Das NBG sieht gem. § 73 Abs. 1 die Untersagung der angezeigten Nebentätigkeit vor, soweit diese geeignet ist, dienstliche Interessen zu beeinträchtigen. In der Praxis ist dies zumeist auf die Art und den Umfang der Nebentätigkeit zurückzuführen, welche die Arbeitskraft so sehr in Anspruch nimmt, dass die ordnungsgemäße Erfüllung der dienstlichen Pflichten beeinträchtigt werden könnte (§ 73 S. 2 Nr. 1 NBG). Ausgehend von der wöchentlichen Regelarbeitszeit von 40 Stunden, ist von einer Beeinträchtigung auszugehen, wenn der Umfang der Nebentätigkeit regelmäßig mehr als acht Stunden wöchentlich beträgt. Dies gilt unabhängig von einer Teilzeitbeschäftigung (vgl. Kümmel, § 73, Rn 15).

Ausübung der Nebentätigkeit

Dass einer Nebentätigkeit außerhalb der Arbeitszeit nachzugehen ist, wird in
§ 74 Abs. 1 S. 1 NBG als Grundsatz festgeschrieben. Jedoch ermöglicht das Nds. Beamtengesetz hier ein Abweichen. Diese durch Verwaltungsakt mögliche Abweichung lässt nicht nur die Ausübung der Nebentätigkeit während der Arbeitszeit zu, sondern beinhaltet ebenfalls das Fernbleiben vom Dienst. Die Ausübung von Nebentätigkeiten während der Arbeitszeit ist zulässig, wenn die Nebentätigkeit auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung der oder des Dienstvorgesetzten übernommen wurde. Die zweite Abweichung vom Grundsatz ergibt sich aus einem dienstlichen Interesse an der Übernahme der Nebentätigkeit.

Praxisbeispiel

Ein dienstliches Interesse könnte insbesondere dann vorliegen, wenn verbeamtete Personen Lehr- und Prüfungstätigkeiten in Ausbildungslehrgängen übernehmen, für welche die Beschäftigungsbehörde verantwortlich ist bzw. ein starkes Interesse hat. Hier bestände die Nebentätigkeit nicht für den Dienstherrn, dieser hat jedoch ein großes Interesse, dass eine Ausbildung stattfindet. Somit ist hier eine Ausübung innerhalb der Arbeitszeit zulässig.

Über diese beiden Abweichungen vom Grundsatz hinaus können Ausnahmen zugelassen werden, wenn dienstliche Gründe nicht entgegenstehen und die Arbeitszeit vor- oder nachgeholt wird. In der Praxis hat sich der Begriff des „öffentlichen Interesses“ als weitere Voraussetzung etabliert. Dieser ist viel weiter zu fassen, als der Begriff des „dienstlichen Interesses“ und daher nicht nur auf die Interessen der Beschäftigungsbehörde begrenzt. Jedoch ist auch das Tatbestandsmerkmal der dienstlichen Gründe weiter auszulegen. Hier sind sowohl organisatorische und personalwirtschaftliche Gründe zu berücksichtigen wie auch die Häufigkeit und Dauer der Abwesenheit der beamteten Person. Diese Ausnahme ermöglichen die Wahrnehmung von Nebentätigkeiten innerhalb der Arbeitszeit. Dennoch ist die mit der Nebenbeschäftigung verbrachte Zeit nicht Teil der Arbeitszeit.

Vor der Wahrnehmung einer Nebentätigkeit sollten Sie sich nicht nur die Frage nach dem Umfang und der Ausübung der Nebentätigkeit stellen. Ebenfalls sollten Sie ggf. bestehende Ablieferungspflichten beachten.