Organisation und Personal
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Verfassungsfeinde im öffentlichen Dienst – Was können öffentliche Arbeitgeber tun?

Die grundgesetzlich verankerte Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) ist den Beschäftigten auch vonseiten des Arbeitgebers zuzugestehen. Was aber, wenn Beamte und Tarifbeschäftigte eindeutig verfassungsfeindliche Ansichten vertreten?

Bei Beamten und Tarifbeschäftigten ist Verfassungstreue Pflicht

Aufgrund der Staatsnähe besteht für Beamte und Tarifbeschäftigte – im Gegensatz zu Arbeitnehmern im privaten Sektor – eine explizite Pflicht zur Verfassungstreue.

Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten. Bei politischer Betätigung haben sie diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergeben (§ 60 Bundesbeamtengesetz, § 33 Beamtenstatusgesetz).

Die Verfassungstreuepflicht ergibt sich bei tarifbeschäftigten Arbeitnehmern aus § 3 Abs. 1.1 TVöD-V bzw. § 3 Abs. 1 TV-L:

„Die Beschäftigten müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen.“

Außerdienstlich muss sich der Beamte genau so integer verhalten wie im Dienst

Von Angestellten eines öffentlichen Arbeitgebers wird verlangt, dass sie sich ihrem Arbeitgeber gegenüber loyal verhalten und auf dessen berechtigte Integritätsinteressen in zumutbarer Weise Rücksicht nehmen (BAG, Urteil vom 28.10.2010, 2 AZR 293/09). Ein expliziter, für andere erkennbarer Zusammenhang zum Arbeitgeber oder Dienstherrn ist hier nicht nötig, um Verstöße gegen die Verfassungstreue zu ahnden – anders als bei Angestellten des Privatsektors (vgl. § 241 Abs. 2 BGB), wo diese lediglich dann Konsequenzen zu befürchten haben, wenn ein Zusammenhang zum Arbeitgeber hergestellt wird (s. ArbG Herne, Urteil vom 22.03.2016, 5 Ca 2806/15).

Mit welchen Sanktionen Tarifbeschäftigte und Beamte bei Verstößen rechnen müssen

Im schlimmsten Fall droht Beschäftigten im öffentlichen Dienst die fristlose Kündigung. Denkbar sind als weniger strenge Konsequenzen auch die Abmahnung oder ordentliche Kündigung. Dabei kommen sowohl die verhaltensbedingte als auch die personenbedingte Kündigung in Betracht.

Mögliche Disziplinarmaßnahmen gegen Beamte sind Verweis, Geldbuße, Kürzung der Dienstbezüge, Zurückstufung und die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

Reform des Bundesdisziplinargesetzes

Der Koalitionsvertrag der 20. Legislaturperiode sieht vor, „Verfassungsfeinde schneller als bisher aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen, um die Integrität des öffentlichen Dienstes sicherzustellen“ (Z. 191-193). Das „Gesetz zur Beschleunigung von Disziplinarverfahren in der Bundesverwaltung und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften“ (BDG-E) liegt als Kabinett-Entwurf vor.

Die Rechtsstaatsprinzipien, die dem Schutz des Beamten dienen, bleiben dabei voll intakt – er bekommt weiterhin rechtliches Gehör, kann den Klageweg einschlagen, es gelten die Unschuldsvermutung und die Beweislastgrundsätze.

Was wegfällt, das durchschnittlich vier Jahre dauernde Verfahren der Disziplinarklage vor dem Verwaltungsgericht. Stattdessen sollen die Disziplinarbehörden künftig sämtliche Disziplinarmaßnahmen – einschließlich der Zurückstufung, der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und der Aberkennung des Ruhegehalts – durch Disziplinarverfügung aussprechen können (Art. 1 § 33 BDG-E).

Darüber hinaus müssen geschasste Beamte die bis zur Bestandskraft fortgezahlten Bezüge zurückerstatten (Art. 1 § 40 Abs. 2 BDG-E). Zudem soll der nach Beendigung des Beamtenverhältnisses zu gewährende Unterhaltsbeitrag in diesen Fällen wegen Unwürdigkeit zwingend entfallen (Art. 1 § 10 Abs. 3 BDG-E).

Prävention und Sensibilisierung gegen Extremismus

Derzeit existieren keine bundesweiten Standards zur Prävention von Extremismus und Verfassungsfeindlichkeit. Empfehlenswert für öffentliche Arbeitgeber bzw. Dienstherrn sind allerdings die Durchführung von Sensibilisierungsprogrammen sowie das Abhalten von Schulungen und Workshops zu Themen wie demokratische Werte, Menschenrechte oder dem Umgang mit extremistischen Ideologien. Es ist sinnvoll, Mitarbeiter über die potenziellen Risiken und Auswirkungen von Extremismus zu informieren.

Hilfreich für alle Beteiligten sind auch klare Leitlinien und Verhaltenskodexe, die mit den Grundsätzen des öffentlichen Dienstes und des Beamtentums unvereinbare extremistische Aktivitäten am Arbeitsplatz verbieten. Die Implementierung von Frühwarnsystemen und Meldemechanismen, wie sie vom neuen Hinweisgeberschutzgesetz vorgeschrieben werden, kann ebenfalls nützlich sein. Vertrauenspersonen oder anonyme Meldekanäle – sog. „Whistleblower“ – können dafür sorgen, dass verdächtiges Verhalten oder extremistische Aktivitäten in einem frühen Stadium zu Tage treten und entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können.

Diese „Whistleblower“ können – wenn sie in der Behörde Verfassungsfeinde ausmachen und melden – den Schutz des Hinweisgeberschutzgesetzes in Anspruch nehmen.