Organisation und Personal
Voraussichtliche Lesezeit: 5 Minuten

Vor Start der Tarifverhandlungen: Beamtenbund droht mit Streiks

Am 24. Januar, also in eineinhalb Wochen, beginnen die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen. Doch der Vorsitzende des Beamtenbundes dbb droht mit größeren Arbeitsniederlegungen.

Die Gewerkschaften fordern 10,5 Prozent mehr Einkommen für die ca. 2,5 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen. Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) hält diese Forderung jedoch für inakzeptabel.

Bereits Anfang Oktober 2022 legten die Gewerkschaft eine Lohnforderung in Höhe von 10,5 Prozent für den öffentlichen Dienst vor, mindestens sollte es jedoch 500 Euro mehr im Monat geben.

Die Beschäftigten würden energisch für ihre Ziele kämpfen, wie Verdi-Chef Frank Werneke und der dbb-Vorsitzende Ulrich Silberbach bei der Präsentation der Forderung deutlich machten.

Beamtenbund schließt Flächenstreiks nicht aus

Silberbach drohte am 07. Januar 2023 mit größeren Arbeitsniederlegungen. „So wie ich die Äußerungen der Arbeitgeber gerade deute, wird es nicht bei den obligatorischen Warnstreiks bleiben. Denn wenn sie weiter derart auf der Bremse stehen, womöglich selbst noch mit Forderungen auf uns zukommen, schließe ich Flächenstreiks nicht aus. Dann wird es richtig ungemütlich“, warnt der dbb-Vorsitzende.

Weiter führte er aus: „Es wird konfliktreich, denn die Arbeitgeber verfallen gerade in alte ‚Wehklage-Muster‘. Sie haben immer noch nicht verstanden, dass sie in der Krise etwas für die Beschäftigten tun müssen – Energiepreisbremse hin oder her. Denn die reicht bei Weitem nicht.“

Kein umfassender Forderungskatalog

Angesichts der ungewöhnlich hohen Inflation und der Energiekreiskrise haben die Gewerkschaften anders als in den Vorjahren auf einen umfassenden Forderungskatalog. „Es geht um Einkommenssicherung“, sagte Werneke. Viele Beschäftigte wüssten nicht, wie sie sich und ihre Familien über Wasser halten können.

Die Ausbildungsvergütungen und Praktikantenentgelte sollen um 200 Euro monatlich angehoben werden. Nach einer Laufzeit von zwölf Monaten soll – getreu dem Willen der Gewerkschaften – neu über das Einkommen verhandelt werden. Auf Beamte soll der angestrebte Anschluss – so die Forderung – zeit- und inhaltsgleich übertragen werden.

VKA: Kommunen leiden unter hohen Kostensteigerungen

Die Vereinigungen der kommunalen Arbeitgeberverbände hatte bereits zu einer zurückhaltenden Lohnforderung aufgerufen. Die Kommunen stünden unter enormem finanziellem Druck. So bestünden vielerorts Altschulden – der Investitionsrückstand der Kommunen belaufe sich auf rund 159 Milliarden Euro.

Die Gewerkschaftsforderungen wurden in den Herbstsitzungen der VKA im Jahr 2022 eingehend diskutiert und für inakzeptabel befunden.

Karin Welge, Präsidentin und Verhandlungsführerin der VKA, geht ebenfalls von einer sehr herausfordernden Tarifrunde aus, steht sie doch unter finanziell äußerst angespannten Rahmenbedingungen: „Die von den Gewerkschaften geforderten Entgelterhöhungen liegen inklusive des geforderten Mindestbetrags von 500 Euro im Mittel bei rund 15 Prozent. Die hohen Kostensteigerungen durch die steigenden Energiepreise betreffen Kommunen und kommunale Unternehmen gleichermaßen. Wir können in den Kommunen das Geld nur einmal ausgeben. Wir brauchen genügend Mittel, um den Herausforderungen durch die Klimakrise gerecht zu werden und eine nachhaltige Mobilitätswende zu erreichen. Das sind auch Investitionen in nachfolgende Generationen.“

Auf die angespannte Haushaltslage der kommunalen Arbeitgeber war seitens der VKA bereits mehrfach hingewiesen worden. „Die Gewerkschaftsforderungen liegen deutlich über der sog. Kern-Inflation. Denn die Forderungen berücksichtigen nicht die inflationsdämpfenden Maßnahmen der Bundesregierung. Wir müssen aber genau hinschauen, wie die vom Gesetzgeber bereits verabschiedeten Entlastungspakete sowohl für Beschäftigte als auch für die kommunalen Arbeitgeber wirken“ so Welge. Die Forderungen der Gewerkschaften ließen zudem außer Acht, dass innerhalb der letzten zehn Jahre (2012 – 2021) die Tariflöhne im öffentlichen Dienst jedes Jahr im Schnitt um gut 2,5 Prozent gestiegen sind. Die Inflationsrate erhöhte sich im gleichen Zeitraum um knapp 1,4 Prozent im Jahr. Daraus ergibt sich im gleichen Zeitraum eine Reallohnsteigerung von knapp 11 Prozent. Nimmt man zusätzlich noch die Jahre 2008 bis 2010 in die Betrachtung hinein, liegt die Reallohnsteigerung sogar bei ca. 16 Prozent.

Die kommunalen Arbeitgeber sprachen sich im gleichen Zug für eine besondere Berücksichtigung der spezifischen Problemlagen u. a. der kommunalen Krankenhäuser, der Sparkassen und der kommunalen Versorgungswirtschaft im Rahmen der Tarifverhandlungen aus. „Am Ende der Tarifrunde wolle wir ein Gesamtpaket erzielen, das den Belangen der tausenden kommunalen Arbeitgeber gerecht wird. Daher appelliere ich erneut an die Gewerkschaften, dass wir im Rahmen der jahrelang bewährten Sozialpartnerschaft unserer gemeinsamen Verantwortung in diesen schwierigen Zeiten gerecht werden sollten, um ein angemessenes Ergebnis zu erzielen“, so Karin Welge weiter.

Gewerkschaften fordern lineare Erhöhungen statt Einmalzahlungen

Die gegenwärtige Lohnforderung sei in der Geschichte von Verdi eine der höchsten, so Werneke.

Von Einmalzahlungen hält man bei den Gewerkschaften übrigens nicht sehr viel – diese seien laut dem Verdi-Chef „Strohfeuer“. Aufgrund der vermutlich hochbleibenden Inflation sei es wichtiger, lineare Verbesserungen in der Einkommenstabelle vorzunehmen. Die Bundesregierung hatte zur Entlastung in der aktuellen Krise angeboten, dass der Staat bei Zusatzzahlungen bis zu 3.000 Euro von Arbeitgebern an ihre Beschäftigten auf Steuern und Abgaben verzichtet. Silberbach sprach von einem „verseuchten Angebot“ – die Gewerkschaften hätten schlechte Erfahrungen mit Einmalzahlungen gemacht.