Organisation und Personal
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Was Arbeitgeber tun können, um Beschäftigte mit Erfahrung zu gewinnen

Vergabestelle

Der Fachkräftemangel ist allen voran ein demografisches Problem. Immer weniger Menschen stehen immer mehr suchenden Arbeitgebern gegenüber. Im Umkehrschluss bedeutet dies: Im Recruiting sollte daher keine Kandidatengruppe vernachlässigt oder gar übersehen werden.

Zu viel Gen Z, zu wenig Generation 50 plus

Zumeist wird der Fokus vor allem auf die Akquise „jüngerer“ Arbeitskräfte gelegt. Dies ist durch aus verständlich, versprechen diese doch aufgrund ihres Alters eine langfristige Besetzung der Stellen. Doch die Vorzüge der Generation 50 plus dürfen nicht außer Acht gelassen werden– immerhin verbinden sie hohes fachliches Know-how mit einem reichen Erfahrungsschatz und verfügen über starke Kommunikationsfähigkeiten sowie meist bessere Problemlösungskompetenzen als unerfahrenere Kolleginnen und Kollegen. Oftmals kämpfen sie trotzdem mit einer negativen Wahrnehmung auf dem Arbeitsmarkt, während man der jungen Generation ein erstaunliches Anspruchsdenken inklusive bisweilen geringerer Belastbarkeit fast beiläufig verzeiht. Arbeitgeber, die Mitarbeiter suchen, die eben genau diese Belastbarkeit als persönliche Stärke einbringen, finden vielleicht in der Generation 50 plus die richtigen Personen, um ihrem Personalproblem wirksam entgegenzutreten.

Viele ältere Beschäftigte können sich einen Jobwechsel vorstellen

Die Königsteiner Gruppe, eine Agentur für Personalmarketing, befragte fast 3.000 Beschäftigte zwischen 50 und 65 Jahren dazu. Wie sie ihre Rolle auf dem aktuellen Arbeitsmarkt sehen. Das Ergebnis: Mehr als 40 Prozent von ihnen können sich einen Jobwechsel in den nächsten zwei Jahren durchaus vorstellen, stehen dem Recruiting-Markt also durchaus zur Verfügung.

Direktansprache wird zu selten genutzt

Laut der Studie ist der Anteil der passiv Suchenden in der Generation 50 plus deutlich größer als der Prozentsatz derjenigen, die selbst aktiv auf die nach einem neuen Job gehen. Untermauert wird dies dadurch, dass 77 Prozent der wechselwilligen Teilnehmer angeben, dass sie offen für ein proaktives Jobangebot sind – hierin liegt also eine große Chance für Organisationen, auch die erfahrenen Beschäftigten in ihre Direktansprache einzubeziehen.

Diese Möglichkeit des Recruitings wird jedoch derzeit sehr selten von den Personalabteilungen genutzt. Im Jahr 2022 waren „nur“ 23 Prozent der Kandidaten zwischen 50 und 65 Jahren direkt von Headhuntern oder Organisationsvertretern auf einen Wechsel des Arbeitsplatzes angesprochen worden. Anders ausgedrückt: Mehr als drei Viertel der Menschen, die durchaus offen für ein Jobangebot wären, erhalten schlichtweg keines.

Mit Berufserfahrung deutlich produktiver als in früheren Jahren

Ein weiteres interessantes Ergebnis der Studie betrifft die Selbstwahrnehmung der Generation 50 plus auf dem Arbeitsmarkt. So registriert etwa die Hälfte aller Befragten ein steigendes Interesse an ihrer Arbeitskraft. Dieser Eindruck motiviert offenbar, denn 70 Prozent der Teilnehmer gaben an, dass diese Ausgangslage sie antreibe, sich noch einmal neu auf dem Arbeitsmarkt zu orientieren.

Hinsichtich der Einschätzung der eigenen Arbeitsfähigkeit, fühlt sich der überwiegende Teil der Generation 50 plus mindestens genauso produktiv oder sogar produktiver als in früheren Jahren. Insgesamt zwei Drittel der Befragten sind sich sicher, heute produktiver (29 Prozent) oder genauso produktiv (37 Prozent) zu sein, wie zu der Zeit, als sie zwischen 20 und 29 Jahre alt waren. Ähnlich hoch ist der Wert im Vergleich zur Altersphase zwischen 30 und 39 Jahren (21 bzw. 54 Prozent).

Was sind die wesentlichen Wechseltreiber?

Die hauptsächlichen Treiber für einen Arbeitsplatzwechsel liegen aktuell in der Unzufriedenheit mit dem gegenwärtigen Arbeitgeber sowie in der Suche nach einer neuen Aufgabe. Ein Drittel der Teilnehmer beklagt einen Karrierestillstand, ein Viertel vermisst darüber hinaus die Erfüllung im Job.

Diese Punkte machen deutlich: Arbeitgeber, die der Generation 50 plus in ihrer Employer-Branding-Strategie einen eigenen Platz einräumen und ihnen glaubhaft versichern können, dass ihr Beitrag geschätzt und gewollt wird, wirken überzeugend.

Die Studie zeigt jedoch auch, dass 59 Prozent der Teilnehmer den Wechsel des Arbeitgebers mit der Hoffnung auf einen Gehaltssprung verbinden.

Handlungsempfehlungen für die Rekrutierung erfahrener Beschäftigter

Zunächst ist es wichtig, dass große Potenzial, das die Generation 50 plus birgt, überhaupt zu erkennen.

Des Weiternen sollten Organisationen erfahrene Kandidaten direkt ansprechen und nicht auf deren Bewerbung warten.

Auch kommt es auf ein gutes „Employer Branding“ an. Während die Gen Z derzeit auf praktisch allen Kanälen umgarnt wird, wird die Generation 50 plus häufig schlicht vergessen. Doch wer erfahrene Menschen konkret in ihren Bedürfnissen und Anforderungen abholt, gewinnt eine Zielgruppe für sich, die im Grunde alles mitbringt, was das Arbeitgeberherz begehrt: Erfahrungsschatz, Motivation, Kompetenz und Ziele – aber eben auch ein gewisses Anspruchsdenken.

Die durch die Studie erwiesene Wechselwilligkeit von Arbeitnehmern der Generation 50 plus zeigt auch, dass in vielen Organisationen seitens der Personalabteilung mehr Zeit dafür aufgewendet werden sollte, mit den Beschäftigten Entwicklungs- bzw. Feedbackgespräche zu führen. Wie hierdurch eine langfristige Mitarbeiterbindung gelingen kann, lesen Sie in diesem Beitrag: