Organisation und Personal
Voraussichtliche Lesezeit: 3 Minuten

Die Beurteilungsgrundsätze im Arbeitszeugnis

Oftmals sind Arbeitszeugnisse zwischen Arbeitgebern und ihren ehemaligen Beschäftigten Streitgegenstand. Bei der Erstellung eines solchen Zeugnisses gibt es daher Einiges zu beachten, um eventuellen Auseinandersetzungen vorzubeugen.

Häufige Fehlerquellen sind u. a. missverständliche Formulierungen, dass Ausstelldatum oder die falsche Unterschrift. Das LAG München befasste sich kürzlich mit der Frage, ob eine Schlussformel in das Arbeitszeugnis gehört. Eine Arbeitnehmerin hatte nämlich geklagt, weil in ihrem Arbeitszeugnis gute Wünsche für die Zukunft fehlten. Allerdings kam das Gericht in dem Fall zu dem Schluss, dass keine Korrektur erfolgen müsse. Jedoch sollte sich ein Arbeitnehmer zumindest die Mühe machen, das Arbeitszeugnis schriftlich auszuformulieren – ein Zeugnis in Tabellenform ist nicht zulässig, wie das BAG am 27.04.2021 urteilte (Az.: 9 AZR 262/20). Worauf muss man also bei der Zeugniserstellung achten?

Einheitliches und vollständiges Arbeitszeugnis

Zunächst sollte das Zeugnis einheitlich und vollständig sein. Damit ist gemeint, dass dem Arbeitnehmer nur ein einheitliches Arbeitszeugnis zusteht. Es muss daher bereits vorher klar sein, ob es in der Form eines einfachen oder eines qualifizierten Arbeitszeugnisses erstellt werden soll. Außerdem darf der Arbeitgeber auch nicht nach Zeitabschnitten, Tätigkeiten, Leistungen und/oder Verhalten differenzieren, also nicht mehrere Zeugnisse gleicher Art erstellen.

Aussagekräftige Gesamtbeurteilung im Arbeitszeugnis

Einzelne Vorfälle – egal ob positiver oder negativer Art – können für die Gesamtbeurteilung, die das Zeugnis schließlich bieten soll, außer Betracht gelassen werden, wenn sie für das Gesamtbild des ehemals Beschäftigten nicht prägend sind. Dies wird vom Grundsatz der Vollständigkeit unterstrichen: So müssen alle wesentlichen Tatsachen und Bewertungen, die das Arbeitsverhältnis gekennzeichnet haben, im Interesse einer aussagekräftigen Gesamtbeurteilung im Arbeitszeugnis enthalten sein.

Zeugniswahrheit und Zeugnisklarheit

Bereits im Jahre 1960 wurde vom BAG entschieden, dass aus dem Sinn und Zweck des Arbeitszeugnisses als oberster Grundsatz folgt, dass das Zeugnis wahr sein muss. Mit anderen Worten: Es muss objektiv der Wahrheit entsprechen und es darf nur Tatsachen, keine Behauptungen, Annahmen oder gar Verdächtigungen enthalten. Heißt, es darf nichts Falsches enthalten sein, aber auf der anderen Seite auch nichts ausgelassen werden, dessen Erwähnung der Leser berechtigterweise erwarten kann.

§ 109 der Gewerbeordnung gibt Auskunft darüber, inwiefern ein Zeugnis „klar“ formuliert sein muss. Der Verfasser darf hiernach weder durch die Wahl von Worten oder Satzstellungen noch durch das Auslassen von Inhalt bei Dritten eine falsche Vorstellung hervorrufen.

Grundsatz der wohlwollenden Beurteilung

Damit soll insbesondere gewährleistet sein, dass der Arbeitgeber auf seine ehemaligen Beschäftigten Rücksicht nimmt, sodass deren weitere berufliche Laufbahn nicht unnötig erschwert wird. Primär geht es dabei darum, einen angemessenen Ausgleich kollidierender Interessen zu finden. Beide Grundsätze in gleicher Weise einzuhalten, gestaltet sich deshalb des Öfteren als schwierig, weshalb sich die Arbeitsgerichte immer wieder mit Streitigkeiten rund um das Arbeitszeugnis auseinandersetzen müssen.

Wohlwollende Beurteilung in Abwägung mit der Wahrheitspflicht

Trotz dass jede Beurteilung zwangsläufig subjektive Momente enthält, sollte es für den Arbeitgeber dennoch das Ziel sein, den ehemaligen Beschäftigten objektiv zu bewerten und seine subjektiven Empfindungen möglichst zurückzustellen.

Die Bezeichnung „wohlwollende Beurteilung“ bedeutet übrigens nicht, dass nichts Ungünstiges über den Beurteilten gesagt werden darf. Der Arbeitgeber hat das Recht, sowohl die Wahl der Worte als auch deren Abfolge zu bestimmen. Demnach haben Beschäftigte kein Anrecht auf eine bestimmte Formulierung oder einen bestimmten Wortlaut. Jedoch muss der Arbeitgeber stets die eingangs erwähnte Rücksicht gegenüber seinem ehemaligen Beschäftigten walten lassen, wenn er Gebrauch von dieser Freiheit macht.